Störche im Schlosspark von Marchegg
Alle Jahre wieder zieht es sie zum Brüten hierher. Im Schlosspark von Marchegg in Niederösterreich hängen dann die Bäume - nein, nicht voller Geigen - sondern voller Storchennester. Die Störche in den March-Thaya-Auen in Niederösterreich
Störche lieben sumpfige Auen und Eichenwälder. Da sind die March-Thaya-Auen bei Marchegg in Niederösterreich zwischen Wien und Bratislawa genau richtig. Hier befindet sich die größte baumbrütende Storchenkolonie Mitteleuropas. Bis zu 50 Paare Weißstörche brüten in den alten Bäumen bei Schloss Marchegg und dem dortigen Auengelände. Mitten im rund 1100 Hektar großen Naturreservat Untere Marchauen , das für über 500 Tierarten Rückzugsort ist, sind den Sommer über auch die Störche zuhause. In diesem Jahr sind es 35 Brutpaare, 70 erwachsene Störche und 30 Jungvögel, die die Auen mit ihrem Klappern erfüllen.
Aus der Kinderstube der Störche
Doch wie geht das überhaupt, wenn der Storch, der laut Legende ja die Menschen-Kinder bringt, seine eigenen Kinder bekommt?
Da landet im März das Männchen in dem Horst, in dem es im Jahr zuvor gemeinsam mit einem Weibchen Eier ausgebrütet hat. Gemeinsam wird die Bleibe für den Nachwuchs instand gesetzt. Es gibt eine Menge zu reparieren: Mit Stöckchen, Ästen und was die Natur sonst noch so hergibt bessert das Storchenpaar die bestehende Konstruktion aus, sodass sie wieder tragfähig ist und den Jungen Schutz bietet. Vor allem Eichen und deren Totholz sind als Untergrund beliebt. Auch die Schornsteine des alten Schlossgemäuers taugen als solide Basis. Mit Kot und Schlamm wird gekleistert, damit der Bau zusammenhält.
Die drei bis fünf Eier eines Geleges, die von der Größe her zwischen Hühner- und Straußenei liegen, werden abwechselnd vom Weibchen und vom Männchen bebrütet. Nach drei Wochen schlüpfen die Jungen aus. Die Eltern sorgen dafür, dass die Kleinen nie allein im Horst sind. Die Schnäbel der Eltern sind eine gute Abwehrwaffe gegen mögliche Angreifer, zum Beispiel Adler. Während einer also die Jungen bewacht, fliegt der andere aus und späht in den sumpfigen Auen nach Fröschen, Fischen oder Mäusen. Das Futter trägt er im Kehlsack und würgt es im Nest wieder heraus. Da strecken die Kleinen ihren geöffneten Schnabel entgegen und bekommen das Essen direkt über den langen Schnabel der Eltern angeliefert. Noch ist der Schnabel der Jungen grau. Wer von Weitem ein Nest beobachtet, kann sie daran erkennen. Eine gute Möglichkeit, gleich mehrere Nester im Blick zu haben, bietet ein Beobachtungsturm im Park von Schloss Marchegg. Wenn die Jungen auf Nahrung warten, ist ein reges Hin- und Herfliegen der Eltern zu sehen. In ruhigem Flug gleiten sie lautlos über das urwaldartige Gelände mit wildem Gestrüpp und riesigen Bäumen.
Ganz schön Gewicht hat so ein Horst! Da kommen 800 Kilogramm, ja manchmal sogar eine Tonne zusammen! Und auf einem Baum befinden sich manchmal bis zu sieben Nester! Nicht auszudenken, wenn so ein Gebilde vom Baum fällt... Das ist im Frühjahr 2018 passiert, als bereits junge Störche darin wohnten. Zum Glück haben die Kleinen überlebt. Sie kamen zum Aufpäppeln in eine nahegelegene Greifvogelstation.
Bis Mitte Juli dauert es, bis die Kleinen ihre ersten Flugübungen machen.
Wenn die Störche ins Winterquartier ziehen
Mitte August sind die Jungstörche dann startklar, um den weiten Flug nach Afrika aufzunehmen. Sie werden beim Zug der Störche vorweg fliegen. Die Natur gab ihnen einen Code mit, an dem sie sich beim Flug orientieren. Ihre Flughöhe wird 1000 Meter betragen. Bis Afrika legen sie 10.000 Kilometer zurück. Vorgesehen ist ein Zwischenstopp in der Türkei. Ihre Flugroute umgeht das Mittelmeer. Die Temperatur über dem Wasser wäre um diese Jahreszeit zu niedrig für sie.
Die jungen Störche bleiben bis zu ihrer Geschlechtsreife - im Alter von drei bis vier Jahren - in Afrika. Dann erst ziehen sie zum Brüten und zur Aufzucht der Jungen während der Frühlings- und Sommerzeit zurück nach Europa.
Wo die Störche brüten, sind sie zu Hause. Dort aber ist es in der Regel zu kalt zum Überwintern. Seit 110 Jahren haben Störche ihr Zuhause in den Wäldern von Schloss Marchegg. Ihre Lebenserwartung beträgt etwa 20 Jahre. Jedes Jahr im Februar starten sie dann wieder in Afrika, um in Marchegg ab März wieder aufs Neue zu brüten.
Gefahren für Störche
Viele Feuchtgebiete trocknen aus und Dürreperioden wie auch Pestizid-Einsatz in den Überwinterungsgebieten beschränken die Nahrungsmöglichkeiten der Störche. Bejagung in Übersee sowie auch Stromkabel und Strommasten werden zu Todesfallen. So wird nicht zuletzt der Mensch zur Gefahr für die Störche.
Da ist es wichtig, das Bewusstsein zu schärfen - vor allem auch dafür, dass die vorhandenen Brutgebiete erhalten bleiben und die Sumpfgebiete und Auen als Nahrungsquelle der Störche vor dem Austrocknen geschützt werden.
Vom fürstlichen Jagdgebiet zum Naturschutzgebiet
Seit 40 Jahren sind die ehemaligen Jagdgründe von Schloss Marchegg ein ausgewiesenes Naturschutzgebiet. In den Auen sind die Bedingungen für die Störche optimal: Ein reiches Nahrungsangebot herrscht in den Wiesen und Tümpeln. Eine wildlebende Konik-Pferdeherde hält die Vegetation niedrig und macht dem Storch die Jagd auf seine Beute leicht.
In Marchegg sowie auch in den benachbarten Donauauen brüten neben den Weißstörchen auch einige der scheuen Schwarzstörche. Sie bauen ihre Nester zurückgezogen und sind selten zu sehen.
Das Storchenhaus Marchegg
Das Storchenhaus Marchegg ist das Informationszentrum für Naturtourismus in den March-Auen, direkt am Eingang zum Schlosspark. Hier bekommen Besucher einen genauen Einblick in das Leben der Störche und das Leben in der Au. Es werden geführte Touren mit geschulten Ökopädagogen angeboten.
Informationen:
Storchenhaus Schloss Marchegg |