Aktuelle Studie deckt auf: Fische noch bedrohter als bisher angenommen
Laut einer neuen Studie, die im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht wurde, sind die Fischbestände weltweit noch deutlich bedrohter als bisher angenommen. Grund dafür sind überschrittene Höchstfangmengen. Hinzu kommt, dass die Zahlen der Fischbestände viel zu hoch geschätzt werden. Das beweist die aktuelle Studie eines Forschungsteams um Graham J. Edgar, Professor für Meeresschutz und Ökologie an der University Tasmania.
85 Prozent mehr Fisch-Populationen als bisher angenommen sind bereits zusammengebrochen, also auf unter 10 Prozent ihres historischen Höchstwertes gesunken, so das alarmierende Ergebnis des Forschungsteams der University of Tasmania. [1] Dennoch werden weiterhin jedes Jahr mehr als eine Billion Fische für die Fischindustrie gefangen und getötet. [2]
Die Bewertung des Zustands der Fischbestände ist ein wesentlicher Bestandteil von Fangquoten. »Obwohl viel darüber diskutiert wurde, wie Fischereibewertungen durchgeführt werden sollen, herrschte allgemein die Überzeugung, dass die Schätzungen ungefähr genau sind«, schreibt Sacha Vignieri, Herausgeber des Wissenschaftsmagazins Science. »Die Forschenden um Prof. Graham verwendeten öffentlich verfügbare Daten zu 230 der bekanntesten Fischarten.« Das Ergebnis: »Sie stellten fest, dass insbesondere bei überfischten Arten frühere Schätzungen höher waren als spätere Schätzungen, was auf übermäßig positive Bewertungen des Bestandszustands hindeutet.«
Unrealistische Schätzungen von Fischbeständen befeuern Überfischung
Fischerei-Modelle basieren oft auf mehr als 40 Parametern, um Fischbestände zu analysieren und deren Überfischung entgegenzuwirken. Die aktuelle Studie zeigt jedoch, dass die Annahmen, wie viele Fische einer Art es noch gibt und wie schnell sich der Bestand erholen kann, bisher deutlich überschätzt wurden. Dabei spielen wirtschaftliche Interessen der Fischerei-Industrie eine Rolle. Laut der Studie schrumpfen auch die als »erholt« eingestuften Fischbestände weiter, da die Fangmengen nicht konsequent reduziert wurden. So seien fast ein Drittel der laut FAO »maximal nachhaltig befischten Bestände« in Wirklichkeit überfischt.
Obwohl Fachleute und Umweltschutzverbände jahrelang davor warnten, sind zum Beispiel in der Ostsee, die die Heimat aller wichtigen Dorsch- und Heringsbestände war, Dorsche und Heringe so massiv überfischt, dass eine Erholung der Bestände unwahrscheinlich ist.
Stellnetzfischerei in der Ostsee: Dorsche und Heringe vor dem Kollaps
In der Ostsee ist die Stellnetzfischerei eine der häufigsten Methoden für den Fang von Heringen und Plattfischen. Die Meeresschutzorganisation Sea Shepherd dokumentiert auf Patrouillenfahrten die Folgen der Stellnetzfischerei und meldet Verstöße gegen bestehende Schutzgesetze, wie das Rückwurfverbot oder die Fangbeschränkungen von Dorschen. [3]
Die gezielte Dorschfischerei ist in der Ostsee nicht mehr erlaubt. Hintergrund dieser Maßnahmen ist der starke Rückgang der Dorschpopulation. Eine Studie der Universität Hamburg kam zu einem dramatischen Ergebnis: Die Dorschpopulation in der westlichen Ostsee ist bereits kollabiert, der Kipppunkt ist überschritten. Die Folgen sind verheerend: Laut der Studie kann sich die Dorschpopulation gar nicht mehr oder nur äußerst langsam erholen. [4]
Fische spüren Schmerz und brauchen unseren Schutz
Forschungen zeigen: Fische haben Persönlichkeiten. Sie planen, erkennen, erinnern sich, umwerben einander, haben Familiensinn und schließen Freundschaften. Sie lernen, geben ihr Wissen weiter und beschützen ihren Nachwuchs. Fische kommunizieren mittels vielfältiger Laute, über Körpersprache und Gerüche. [5] Manche Fischarten können addieren und subtrahieren. [6] Einige Fischarten können sich im Spiegel und auf Fotos wiedererkennen. [7]
Internationale wissenschaftliche Studien bestätigen, dass Fische Schmerzen spüren. Dementsprechend sollten sie als fühlende Lebewesen behandelt und geschützt werden.
Was Sie tun können
Der beste Schutz von Fischen ist: Essen Sie keine Fische! Füttern Sie Ihren Haustieren kein Fertigfutter mit Fisch.
Quellen:
[1] Graham J. Edgar, Amanda E. Bates, Nils C. Krueck et al.: Stock assessment models overstate sustainability of the world’s fisheries. Science Vol 385, 2024. www.science.org/doi/10.1126/science.adl6282
[2] Fishcount.org.uk: Numbers of fish caught from the wild each year.
[3] BALTIC SEA CAMPAIGN: Die Fischerei im Visier. sea-shepherd.de/kampagnen/baltic-sea-campaign/
[4] Möllmann, C., Cormon, X., Funk, S. et al. Tipping point realized in cod fishery. Sci Rep 11, 2021. www.nature.com/articles/s41598-021-93843-z
[5] Balcombe, J.: What a fish knows: The inner lives of our underwater cousins. 2016
[6] Schluessel, V.; Kreuter, N.; Gosemann, I. M.; Schmidt, E.: Cichlids and stingrays can add and subtract ‚one' in the number space from one to five. Scientific Reports, 2022. https://doi.org/10.1038/s41598-022-07552-2
[8] Kohda, M.; Bshary, R.; Kubo, N.; Awata, S.; Sowersby, W.; Kawasaka, K.; Kobayashi, T.; Sogawa, S.: Cleaner fish recognize self in a mirror via self-face recognition like humans. Proc Natl Acad Sci USA. 2023. www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.2208420120