Bayerischer Tierärztetag: Tierqual bei Milchkühen
Von Annemarie Botzki, Recherche und Kampagnen bei der Verbraucherschutzorganisation foodwatch e.V.
»Alle haben die Nase voll« - das ist der Satz, der mir vom bayerischen Tierärztetag in Kulmbach besonders im Ohr hängen bleibt. Es ist der 8. Mai, ein sonniger Donnerstag in Oberfranken. Ich sitze mit 150 amtlichen und Amtstierärzt:innen in einem Konferenzraum. Normalerweise sind sie in detaillierte, fachliche Diskussionen vertieft. Aber diesmal ist die Stimmung anders. Angespannt. Frustriert.
Amtstierarzt wird deutlich: »Am Ende liegen Skelette im Stall«
Dann tritt Kai Braunmiller ans Mikrofon, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft für Fleischhygiene und Leiter eines Veterinäramtes. Ein Mann, der seit Jahren Schlachthöfe kontrolliert. Er analysiert auch Videoaufnahmen von Tierschützern und sieht dabei Dinge, »die man der Öffentlichkeit gar nicht mehr zeigen kann«. Mit ruhiger, fast resignierter Stimme sagt er den Satz, der mir seither nicht mehr aus dem Kopf geht: »Am Ende liegen Skelette im Stall.«
Eisiges Schweigen im Raum. Das sind Veterinär:innen, die täglich mit Tierleid konfrontiert sind. Doch selbst sie haben genug von den massiven Skandalen - und der Tatenlosigkeit der Politik.
Dokumentierte Tierquälerei auf Bayerns größtem Milchviehhof
Was die Tierärzt:innen beschreiben, ist keine Ausnahme. In Bad Grönenbach, auf Bayerns größtem Milchviehhof, dokumentierte die SOKO Tierschutz erneut erschütternde Szenen: Mitarbeiter schlagen Kühen auf den Kopf, ziehen ein halbtotes Kalb an den Ohren, fügen den Tieren ohne jeden Sinn Schmerzen zu. Derselbe Betrieb war bereits 2019 wegen Tierquälerei aufgefallen. [1, 4]
Auf anderen bayrischen Betrieben werden nur noch Skelette im Stall gefunden: 30 tote Rinder wurden im Februar im Oberallgäuer Hof entdeckt. [2] Wenige Wochen später werden neun weitere tote Kühe in einem anderen Stall gefunden. [3] Die Tiere sind offenbar über einen langen Zeitraum qualvoll verhungert. Es ist nicht das erste Mal, dass solche Fälle bekannt werden - aber sie zeigen erneut: Das System Tierhaltung versagt.
Amtstierarzt Kai Braunmiller, der die Videoaufnahmen für die SOKO Tierschutz auswertet, findet im Interview mit der Süddeutschen Zeitung klare Worte: »Der Betrieb müsste jetzt geschlossen werden«. Doch passiert ist wieder - nichts. Stattdessen läuft der Betrieb weiter, als wäre nichts gewesen. [1]
»Wer sonntags Reden hält, muss auch montags kontrollieren«, sagen wir von Foodwatch. Während CSU-Politiker wie Markus Söder und Bundesagrarminister Alois Rainer regelmäßig von »regionalen Qualitätsprodukten« schwärmen und Fleisch und Milch aus Bayern feiern, sterben in manchen Ställen Tiere einen qualvollen Tod - unbemerkt, unbeaufsichtigt, unkontrolliert.
Quellen:
[1] »Der Betrieb müsste jetzt geschlossen werden«. Süddeutsche Zeitung, 20.03.2025.
[2] 30 tote Rinder auf Oberallgäuer Hof: Verwahrlosung binnen Wochen. BR24, 26.02.2025
[3] Landkreis Rosenheim: Wieder tote Rinder auf Bauernhof entdeckt.
BR24, 11.04.2025
[4] Razzia auf Skandalhof in Bad Grönenbach. Pressemitteilung SOKO Tierschutz, 7.3.2025 / SOKO Tierschutz enttarnt Bayerns größten Milchbauern als Tierquäler. www.soko-tierschutz.org/mediathek