Die Wahrheit über die Jagd: Jagd ist ein Hobby mit einer starken Lobby
Von Julia Brunke, Redaktion FREIHEIT FÜR TIERE
Trotz beharrlicher Propagandaarbeit der Jagdverbände sinkt das Image der Jäger immer mehr: Immer weniger Spaziergänger, Hundehalter, Reiter und Mountainbiker lassen es sich gefallen, wenn sie von Jägern angepöbelt und bedroht werden - und sie protestieren gegen Ballerei in Stadtparks, auf Friedhöfen, in Naherholungsgebieten sowie gegen Massenabschüsse auf Treibjagden. Immer wieder ist in der Zeitung zu lesen, dass Jäger aus Versehen Liebespaare im Maisfeld, Jagdkollegen oder Ponys auf der Weide mit Wildschweinen verwechseln - das kann einem draußen in der Natur durchaus Angst machen - ebenso wie Schüsse am Spazierweg oder Kugeln, die in Autos einschlagen. Und immer wieder schockieren Meldungen über Tote und Verletzte durch Beziehungstaten mit Jägerwaffen, wie: »Jäger erschießt Ehefrau«, »Jäger erschießt Nebenbuhler« oder »Jäger erschießt Nachbarn im Streit«. Außerdem haben Millionen Tierfreunde kein Verständnis, wenn Jäger ihre Hauskatzen abknallen oder drohen, den Hund zu erschießen.
Tierrechtsorganisationen decken immer wieder Verstöße gegen das Tierschutzgesetz bei Treib- und Drückjagden sowie bei Gatterjagden auf, wo halbzahme Tiere gegen Geld abgeknallt werden. Warum Jäger Jagd auf Hasen machen, obwohl sie auf der »Roten Liste« bedrohter Arten stehen, kann irgendwie auch niemand mehr gut finden. Zudem haben 99,6 Prozent der Bevölkerung andere Hobbys, als Tiere tot zu schießen.
Ja, Jagd ist ein Hobby. Rund 400.000 Jagdscheininhaber gibt es in Deutschland - davon sind gerade einmal etwa 1.000 Berufsjäger. In Österreich ist es ganz ähnlich: Es gibt rund 130.000 Hobbyjäger und etwa 500 Berufsjäger.
Jagd ist ein Hobby - und hat immer noch eine starke Lobby
Jagd ist also ein Hobby. Die allermeisten Jagdscheininhaber haben einen ganz anderen Beruf: Es sind Landwirte, Ärzte, Juristen, Kaufleute, Industrielle oder Politiker. Viele Jäger sind aber auch Rentner und Pensionisten. Weil die Jäger und auch einige Jägerinnen in ihrer Freizeit auf die Jagd gehen, sprechen sie gerne auch von »Jagd als Ehrenamt«. Im Übrigen seien Jäger anerkannte Naturschützer. Wer das nicht verstehe, sei ein naturentfremdeter Städter.
Die Jagdlobby behauptet, Jagd sei in unserer Kulturlandschaft notwendig: Ohne Jäger würden Rehe und Hirsche den Wald auffressen und Wildschweinhorden die Felder verwüsten. Ohne Jäger würden Wildtiere überhand nehmen - der Jäger übernehme die Aufgabe ausgerotteter großer Raubtiere. Und nachdem Wolf und Luchs wieder zurückgekehrt sind, fordern Jäger den Abschuss, weil die Reviere »leer gefressen« würden. Natürlich wäre die Bevölkerung ohne Jagd auch von Seuchen bedroht: von Fuchsbandwurm, Tollwut und (nachdem es in Deutschland keine Tollwut mehr gibt) durch Räude und Staupe. Außerdem sei Jagd »Passion«, und dafür sollten wir Verständnis haben. Der Mensch sei von Natur aus Jäger und der Jagdtrieb sei angeboren.
Zum Unglück der Jäger glauben immer weniger Menschen das Jägerlatein. Zumal namhafte Biologen und Zoologen in der Öffentlichkeit darauf hinweisen, dass die Natur sich in unbejagten Gebieten selbst reguliere - und die Jagd somit überflüssig sei. Im Gegenteil: Jagd reguliert nicht, sondern schafft ein Ungleichgewicht. Durch die Bejagung werden überhöhte Bestände bei einigen Tierarten, wie vor allem Rehen und Wildschweinen, erst geschaffen, während andere Tierarten durch die Jagd bedroht sind. (dazu z.B.: Prof. Dr. Josef H. Reichholf: Warum Jagd? Folgen des Jagens für Menschen, Tiere, Pflanzen und Landschaften. TIERethik 2/2013 · Prof. Carlo Consiglio: Vom Widersinn der Jagd. Verlag Zweitausendundeins, 2001)
Dürfen über 70-Jährige mit tödlichen Schusswaffen unterwegs sein?
Das Durchschnittsalter der Jäger in Deutschland liegt bei 56 Jahren. Und so ist es nicht ungewöhnlich, dass Senioren mit über 70 Jahren und sogar auch noch mit über 80 Jahren mit tödlichen Waffen unterwegs sind. Ein Höchstalter für Jäger gibt es nicht. Und auch keine vorgeschriebenen Seh- oder Hörtests und keine Schießleistungsnachweise.
So passiert es, dass ein 84-jähriger Hobbyjäger an der Straße schießt und einen Großeinsatz der Polizei auslöst (Radio Westfalica, 15.12.2023). Oder dass ein 83-jähriger Hobbyjäger statt eines Hasen einen 50-Jährigen trifft (Kurier, 4.11.2023). Oder dass einen 83-jähriger Hobbyjäger bei der Jagd auf Enten einen Mann in den Kopf schießt. (Westfälischer Anzeiger, 19.8.2023). Oder dass ein 79-jähriger Jäger eine Hündin beim Gassi-Gehen mit ihrer Besitzerin erschießt (BLICK, 13.2.2024). Oder dass ein 77-jähriger Hobbyjäger den Hund von Urlaubern, die eine Kanutour auf dem Main machen, erschießt. Zuvor hatte der gleiche Jäger Reiterinnen mit Waffe in der Hand bedroht (Bayerischer Rundfunk, 20.11.2023). Oder dass ein 76-jähriger Hobbyjäger droht, die eigene Frau, seinen Sohn und dessen Lebensgefährtin umzubringen (Kronen Zeitung, 17.2.2024).
Den Jagdschein gibt es auch im Schnellkurs
Einen Jagdschein kann man im Schnellkurs von 3 Wochen erwerben. Oder an 8 Wochenenden. Oder als Online-Kurs plus 9 Tage Praxiskurs. Und schon darf man tödliche Schusswaffen erwerben und damit überall in der Natur unterwegs sein - ohne psychologische Untersuchungen und auch ohne Gesinnungsprüfungen etwa mit Blick auf möglichen Extremismus.
So hat ein Jagdscheininhaber im September 2023 eine schlafende obdachlose Frau in der Iserlohner Fußgängerzone gezielt mit zwei Kopfschüssen getötet. Der Mann, der wegen Paranoia und Schizophrenie als unzurechnungsfähig gilt, hatte den Jagdschein in einem Online-Kurs erworben. (BILD, 26.3.2024)
Hobbyjäger bringen jedes Jahr über 5 Millionen Wildtiere ums Leben
Rund 400.000 Jäger bringen in Deutschland jedes Jahr nach eigenen Angaben mehr als 5 Millionen Wildtiere ums Leben. In Wirklichkeit liegt die Zahl der durch die Jagd getöteten Tiere wohl wesentlich höher. »Es ist schier unmöglich, mit korrekten Zahlen aufzuwarten«, gab ein Hegeringleiter gegenüber dem Kölner Stadtanzeiger zu. Manche der Jäger hätten gar keine Streckenzahlen zur Verfügung gestellt, andere wiederum hätten Zahlen geliefert, die vollkommen unrealistisch und wenig Vertrauen erweckend seien. »Weiß der Geier, wo solche Zahlen herkommen«, so Hegeringleiter Johann Jütten. (»Hegeringleiter sprach Tacheles«. In: Kölner Stadtanzeiger, 16.3.2011)
Wildtierschutz Deutschland e.V. schätzt, dass über 9 Millionen Tiere jährlich in Deutschland durch die Jagd getötet werden. Denn: Die Trefferquoten bei »Bewegungsjagden« (dabei werden die Tiere aufgescheucht und auf der Flucht erschossen) sind ausgesprochen gering. Bis zu 70 Prozent der Tiere werden »nur« angeschossen. Diese Tiere verenden oft qualvoll nach Stunden oder Tagen. (Wildtierschutz Deutschland e.V.: Jäger töten über neun Millionen Tiere. www.wildtierschutz-deutschland.de)
Auch bei der Ansitzjagd werden Tiere angeschossen. Und nicht jeder Jäger, der nicht richtig getroffen hat, verständigt einen Nachsucheführer mit speziell ausgebildeten Hunden. Und nicht jede Nachsuche ist erfolgreich. (Unterschätztes Tierschutzproblem: Zehntausende Rehe verenden qualvoll nach dem Schuss. Artikel von Peter Carstens in GEO, 4.11.2020)
Auch bei der Jagd auf Vögel werden oft mehr Vögel »nur« verletzt als getötet - durch die breite Streuwirkung des Schrots. Seit 2023 ist die Jagd in und um Feuchtgebiete mit bleihaltiger Schrotmunition im Umkreis von 100 Metern verboten (REACH-Verordnung der EU). Doch nur 100 Meter abseits von Gewässern und Feuchtgebieten darf weiterhin mit hochgiftigem Bleischrot geschossen werden. Laut der Europäischen Chemikalienagentur ECHA gelangen in Europa geschätzt 14.000 Tonnen Blei durch die Jagd in die Umwelt. (ECHA: Blei in Munition, Kugeln und Angelgerät. echa.europa.eu/de/hot-topics/lead-in-shot-bullets-and-fishing-weights)
So sind europaweit 135 Millionen Vögel von Bleivergiftung bedroht - weil sie Bleischrot verschlucken oder Tiere fressen, die Blei im Körper hatten. Einer aktuellen Studie zufolge hat die Vergiftung durch Bleimunition bei zehn Greifvogelarten wie Seeadlern und Bussarden dazu geführt, dass es rund 55.000 Greifvögel weniger gibt. (Einsatz von Bleimunition auf der Jagd: 55.000 Greifvögel weniger in Europa - wegen Vergiftungen. spiegel.de, 16.3.2022 · The impact of lead poisoning from ammunition sources on raptor populations in Europe. sciencedirect.com, 1.6.2022)
Auf Wasservögel wie Enten und Gänse wird mit Schrot geschossen.
Dabei sind die Trefferquoten naheliegender Weise gering, so dass rechnerisch auf jede getötete Ente 5 Schrotladungen kommen. Weil die kleinen Schrotkugeln breit streuen, wird ein weitaus größerer Teil der Vögel zwar getroffen, aber nicht getötet. Für diese Vögel beginnt oft ein qualvolles Siechtum. · Bild: Eilert Voss
Einige hunderttausend Vögel, darunter Eichelhäher, Kormorane, Blässhühner und Höckerschwäne sowie Hunde und Katzen werden von vornherein nicht oder nicht systematisch in der Jagdstatistik erfasst. Außerdem werden zehntausende Enten bei der Abrichtung von Jagdhunden »an der lebenden Ente« »verbraucht« - diese grausame Praxis ist tatsächlich immer noch in vielen Bundesländern erlaubt.
Der illegalen Jagd fallen außerdem tausende Greifvögel zum Opfer. Offiziell wurden zwischen 2005 bis 2020 über 1.300 Fälle illegaler Greifvogeltötungen registriert. Laut Komitee gegen den Vogelmord sei die Dunkelziffer extrem hoch: »Wir gehen davon aus, dass weniger als 5% aller Taten überhaupt entdeckt werden«, erklärt Geschäftsführer Alexander Heyd. (Greifvogel-Wilderei: Fälle illegaler Verfolgungen in Deutschland nehmen zu. Komitee gegen den Vogelmord e. V., 3.6.2020)
Die Bundesregierung schätzt Wilderei als ernstes Problem für den Artenschutz ein, das sich »deutlich negativ auf Populationen auswirken kann«. Bestandsabnahmen wie beim Habicht ließen sich »kaum anders erklären«, so die Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der Grünen vom 8.11.2019. (https://dserver.bundestag.de/btd/19/152/1915267.pdf)
Hinter diesen Zahlen steht millionenfaches Tierleid
All die Zahlen können das millionenfache Leid, das hinter ihnen steht, nicht ausdrücken. Von einem »schnellen Tod« kann bei der Jagd - und besonders bei Treib- und Drückjagden - in vielen Fällen nicht die Rede sein: Rehe und Wildschweine werden oft nur angeschossen. Jäger verwenden so genannte Expansions- oder Deformationsgeschosse, die riesige Wunden reißen. Expansionsgeschosse sind so konstruiert, dass sie sich nach dem Einschlag in den Körper durch den Gegendruck des Gewebes »aufpilzen«. Sie drücken sich platt, spreizen dabei auseinander oder zersplittern und zerreißen das Gewebe, die Organe und Knochen des Tieres. Beim Austritt aus dem Körper schlagen sie faustgroße Wunden. Doch mit zerfetzten Eingeweiden oder zerrissener Lunge stirbt das Tier nicht sofort. Ein so getroffenes Tier legt auf seiner Flucht nicht selten noch Strecken von mehreren 100 Metern zurück, bevor es verblutet oder erstickt. So fliehen Rehe mit nicht sofort tödlichen Lungenschüssen oft weite Strecken, bevor sie verenden. Andere flüchten mit zerschossenen Beinen, mit heraushängenden Eingeweiden, in die sie sich beim Laufen verfangen und so die »Pirschzeichen« für die »Nachsuche« hinterlassen.
Die »Nachsuche« - sofern sie überhaupt stattfindet - dauert oft Stunden oder Tage. Viele Tiere werden erst Tage später gefunden, wenn sie irgendwo elendig an der Verwundung verendet sind. Manche Tiere sterben überhaupt nicht an der Schusswunde, sondern an den Folgen, weil sie z.B. mit zerschossenem Kiefer keine Nahrung mehr aufnehmen können.
Bei den großen Treib- und Drückjagden im Herbst und Winter werden außerdem die Sozialstrukturen der Tiere auseinandergesprengt. Jungtiere verlieren ihre Eltern und sind meist ebenfalls dem Tod ausgeliefert. Auch die ganzjährige Fuchsjagd führt zwangsläufig dazu, dass in den Monaten Mai und Juni unzählige junge Füchse im Bau verhungern und verdursten, weil die säugende Fähe erschossen wurde.
Treib- und Drückjagden verursachen großes Tierleid. Diese schwangere Bache wurde angeschossen, konnte aber entkommen.
Tierfreunde fanden das verendete Tier und die ungeborenen Frischlinge. Laut der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.V. sterben, vor allem bei der Drückjagd, bis zu 70 Prozent der Wildtiere nicht sofort, sondern erleiden qualvolle Kiefer-, Bauch- und Beinschüsse. Kritik kommt sogar von einzelnen Jägern: »Etliche Tiere werden nur verletzt und verenden später qualvoll irgendwo im Dickicht, es werden ihnen Gliedmaßen abgeschossen oder sie laufen nurmehr verkrüppelt herum.« Bild: Brennglas
Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz: Bei Treib- und Drückjagden sind bis zu 70 Prozent der Wildtiere nicht sofort tot
Laut der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.V. sterben, vor allem bei der Drückjagd, bis zu 70 Prozent der Wildtiere nicht sofort, sondern erleiden qualvolle »Kiefer-, Bauch- und Laufschüsse«. Untersuchungen zufolge seien bei Drückjagden nur etwa ein Drittel der Wildschweine mit »Blattschuss« (= tödliche Treffer im Bereich des Schulterblatts) erlegt worden, die überwiegende Mehrheit wurde angeschossen und »wies Waidwund-, Keulen- oder Laufschüsse auf«. Auch würden 60 Prozent der Rehe Bauchschüsse aufweisen. (Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz, TVT-Nachrichten 2/2011)
Diese Tierquälerei bei Treib- und Drückjagden wird sogar von einigen mutigen Jägern angeprangert. So kritisierte bereits vor vielen Jahren der Pressesprecher der Kreisjägerschaft Aachen und Jagdberater Karl-Heinz Kuckelkorn die Drückjagden aus Gründen des Tierschutzes als »mehr als bedenklich«. Das Wild werde »beunruhigt« und in Richtung der Schützen getrieben. »An ihnen vorbei flüchten die Tiere wie in Panik. Es fallen viele Schüsse, doch längst nicht jeder Schuss ist ein finaler. Etliche Tiere werden nur verletzt und verenden später qualvoll irgendwo im Dickicht, es werden ihnen Gliedmaßen abgeschossen oder sie laufen nurmehr verkrüppelt herum.« (Karl-Heinz Kuckelkorn: »Jagd ist eine Frage von Ethik und Moral«. Aachener Zeitung, 21.10.2010)
Nachsucheführer haben die Aufgabe, mit seinen speziell ausgebildeten Hunden nach Jagden angeschossene Tiere zu suchen, um ihnen den Todesschuss zu geben. Bernd Krewer, der inzwischen verstorbene unter Jägern legendäre Förster, Nachsucheführer und Sachbuchautor, berichtet in seinem Buch »Über Hirsche, Hunde und Nachsuchen« von seinen Erfahrungen: »Ich habe rund 1000 Nachsuchen auf Sauen mit meinen Schweißhunden durchgeführt. Oft kann der Jäger nicht einmal angeben, wie die beschossene Sau im Schuss gestanden hat, ob er also auf die rechte oder linke Körperseite geschossen hat. Es wird also irgendwo auf den dunklen Klumpen geballert, von dem man nicht einmal erkennen kann, wo vorne und hinten ist.« Der Fachmann kommt zu dem Schluss: »Wir sollten froh sein, dass solche Dinge nicht allzu häufig ans Licht der Öffentlichkeit kommen, es sähe mit unserem Anspruch, Naturschützer zu sein, nicht sehr gut aus.« (Bernd Krewer: Über Hirsche, Hunde und Nachsuchen. Neumann-Neudamm, 1998, S.80/85)
Dass die Wildtiere selten richtig getroffen und zum Teil lebendig vom Jagdhund zerfetzt werden, geben Jäger untereinander in Jäger-Internetforen offen zu. In der Öffentlichkeit und in offiziellen Verlautbarungen der Jagdverbände wird allerdings regelmäßig behauptet, die Tiere wären durch den ersten Schuss sofort tot - schmerzlos.
Der legendäre Nachsucheführer Bernd Krewer schrieb bereits 1998: »Wenn es den ‚Tierschützern’ gelänge, einen viel beschäftigten Schweißhundeführer ‚umzukrempeln’, wären wir einen Tag später die Jagd endgültig los. Es muss sich vieles im Tun und Lassen der Jägerei ändern, wollen wir vor der immer kritischer werdenden Bevölkerung bestehen und von ihr das Mandat für den Fortbestand unserer Jagd bekommen. Wenn die Gesellschaft die Jagd nicht mehr akzeptiert, wird sie verschwinden und durch andere Formen der Nutzung und Regulierung ersetzt werden.« (ebda., S. 180)
Schrotschüsse: Unzählige angeschossene Tiere
Beim Schrotschuss werden viele kleine Kugeln gemeinsam verschossen. So kommt es, dass bei Schüssen in eine Tiergruppe, wie einen Vogelschwarm, nur einzelne Tiere tödlich getroffen werden. Viele bekommen sogenannte Randschrote ab, werden also nur von einzelnen Kugeln getroffen. Sie siechen dahin, sterben elendig an Bleivergiftung oder verhungern in Folge der Verletzungen. Biologen nehmen nach Auswertung umfangreichen Untersuchungsmaterials an, dass die Zahl der mit Schrot beschossenen und verletzten Vögel die Zahl der getöteten übertrifft. Ähnliche Relationen sind auch für Schrotschüsse auf Hasen oder Wildkaninchen anzunehmen.
Bei größeren Tieren wie Füchsen können einzelne Schrotkugeln kaum ernsthafte Verletzungen erzeugen. Aber in der Menge und der großen getroffenen Körperfläche wird ein Schockzustand ausgelöst, an dem das Tier eigentlich sterben soll. Nicht selten aber stirbt das Tier an einer Bleivergiftung oder an den Folgen, weil es zum Beispiel keine Beute mehr fangen kann.
In einem Jagd-Forum im Internet schreiben Hobbyjäger von ihren Erlebnissen. Spätestens hier wird das Jägermärchen »bei der Jagd ist das Tier beim ersten Schuss sofort tot« entlarvt. »Jagdhelfer« schildert: »Gestern Abend auf 30 m (mit zwei Mann nachgemessen) Fuchs mit 3,5er Schrot beschossen, der dann mal eben fast einen Kilometer bis ins Nachbarreviergegangen ist. Hat so was schon mal einer erlebt? Ich bin ganz sicher gut abgekommen [= gut getroffen], worauf auch alle Pirsch- und Schusszeichen im Schnee hindeuten [= Blut, Organ- und Knochenteile, die durch den Schuss aus dem Körper des Tieres geschlagen werden]. Ich habe auf dem Autodach aufgelegt und geschossen, weswegen ich mir meiner Sache absolut sicher bin, gut abgekommen zu sein. Im Schnee konnte man die Riefen der wenigen Schrote erkennen, die nicht getroffen haben (was übrigens ein sehr interessantes Bild ist). Schweiß [= Blut] war auf der gesamten Fährte wie hingetupft ungefähr alle paar Meter in unterschiedlicher Stärke zu erkennen.«
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Tierquälerei durch Fallenjagd
Der Öffentlichkeit ist kaum bekannt, dass die Fallenjagd in Deutschland nach wie vor erlaubt ist. Mit Fallen wird Füchsen, Dachsen, Marderhunden, Mardern, Waschbären, Iltissen und Katzen nachgestellt. Diese Tiere gelten unter Jägern als »Raubwild« oder »Raubzeug«. Durch die Jagd auf diese Beutegreifer versprechen sich die Jäger höhere »Strecken« (= Tötungszahlen) beim »Niederwild« (= Hasen, Kaninchen, Fasane, Rebhühner).
In dem Jagdbuchklassiker »Das Fangjagdbuch« heißt es im Vorwort: »Das Jagen mit der Falle ist spannend. Wer sie beherrscht, der wird mit eindrucksvollen Strecken sowohl beim Raubwild als auch beim Niederwild belohnt.« (Hans-Joachim Borngräber, Anton Ganz und Andre Westerkamp: Das Fangjagdbuch. Büchsenmacher-Verlag, 2001)
Sowohl Totschlagfallen als auch Lebendfallen können extremes Tierleid bedeuten. Totschlagfallen sollten eigentlich sofort töten. Doch oft bereiten diese Fallen Füchsen und anderen Beutegreifern, aber auch Hunden und Katzen, einen tagelangen Todeskampf. Denn wenn ein zu großes oder zu kleines Tier, als für diese Falle vorgesehen, hineingerät, wird es vom zuschlagenden Bügel nicht tödlich getroffen, sondern eingequetscht. Oder die Tiere versuchen, den Köder mit der Pfote herauszuholen. Dann schlägt der Fangbügel zu, das Bein wird eingequetscht. Viele Füchse und Katzen reißen so lange daran, bis sie mit halb abgetrennten Gliedmaßen entkommen können. Fuchsmütter, die ihre Jungen hungrig im Bau wissen, beißen sich sogar die Pfote ab.
In Lebendfallen gefangene Tiere geraten in große Panik, verletzen sich, leiden Hunger und Durst. Obwohl regelmäßige Kontrollen der Fallen vorgeschrieben sind, sterben nicht wenige Tiere in ihrer Panik an Herzversagen oder verhungern und verdursten. Tiere, die lebend in der Falle gefunden werden, werden vom Jäger erschossen oder erschlagen.