DVD-Tipp: Der Boden, auf dem wir leben
Von Julia Brunke, Redaktion "Freiheit für Tiere"
Wenn wir durch einen Wald oder über eine Wiese laufen, ist uns wenig bewusst, welch unglaubliches Wunder der Schöpfung sich direkt unter unseren Füßen befindet. Denn im Boden verbirgt sich - zum größten Teil unsichtbar für unsere Augen - billionenfaches Leben. Allein unter der Fläche eines Fußes existieren mehr Lebewesen, als es Menschen auf der ganzen Erde gibt. Ohne diese ausgeklügelte Mikroschöpfung im Boden mit ihren winzigen Lebewesen gäbe es kein Leben auf der Erde. Auch gäbe es ohne diesen unterirdischen Kosmos keine Nahrung für uns, keine Früchte, kein Gemüse, keine Bäume, keine Kräuter, keine Blumen und kein Gras. Der neue Dokumentarfilm Der Boden auf dem wir leben - der unbekannte Kosmos aus dem Verlag Das Brennglas erklärt, warum das so ist.
Die Bodenlebewesen produzieren aus abgestorbenen Pflanzenresten den wertvollen Humus, der die lebensnotwendigen Mineral- und Nährstoffe für das Pflanzenwachstum enthält. Nährstoffe, die allein über die Luft und das Regenwasser nicht zur Verfügung stehen würden. Und dieses Wunderwerk der Schöpfung tritt der Mensch im wahrsten Sinne des Wortes - und wie wir später sehen werden, auch im übertragenen Sinne - mit Füßen.
In einer Hand voll gesunder Erde
existieren mehr Lebewesen, als es Menschen auf der ganzen Erde gibt. Allein in einem Löffel fruchtbaren Acker- oder Wiesenbodens leben über eine Milliarde Bakterien, Millionen von Pilzen und Tausende von Kleinstlebewesen. · Bild: Screenshot aus DVD "Der Boden auf dem wir leben - ein unbekannter Kosmos". Verlag Das Brennglas, 2018
Eine Hand voll Erde - Milliardenfaches Leben
Einige Beispiele mögen uns einen Eindruck geben, welche unglaublichen Ausmaße dieses verborgene Leben hat, das sich in den oberen 30 Zentimeter der Erdschicht verbirgt.
Das Gewicht sämtlicher in einem Waldboden lebenden Organismen kann in einem Quadrat von 100 x 100 Metern unter idealen Bedingungen rund 25 Tonnen erreichen. In einem Ackerboden sind es immerhin noch 4 bis 5 Tonnen Lebewesen, die auf dieser Fläche unter unseren Füßen fleißig arbeiten.
Untersucht man in einer kleinen quadratischen Fläche von nur 1 x 1 Meter die obersten 30 cm furchtbare Humusschicht, so findet man darin im Durchschnitt:
80 Regenwürmer,
50 Schnecken,
50 Spinnen,
50 Asseln,
100 Zweiflüglerlarven,
100 Käferlarven,
10.000 Borstenwürmer,
25.000 Rädertiere,
50.000 Springschwänze,
100.000 Milben und
1 Millionen Fadenwürmer
1,6 Billionen Mikroorganismen wie Bakterien, Pilze und Algen
Das sind Zahlen, die jenseits unseres Vorstellungsvermögens liegen. Und das alles nur in einem einzigen Quadratmeter Erde!
Wunderwerk der Schöpfung
Das Leben im Boden ist also unvorstellbar vielfältig und reichhaltig. Und alles funktioniert wie von selbst. Alles ist genial organisiert. Jedes einzelne Tierchen tut mit großem Eifer das, was seine Aufgabe ist. Regenwürmer, Asseln und Schnecken beispielsweise wandeln Pflanzenreste in wertvollen Humus um.
Zudem versorgt das Bodenleben die Pflanze mit aus der Luft gebundenem Stickstoff sowie aus dem Gestein gelösten Mineralnährstoffen und sorgt durch eine stabile Bodenstruktur mit ausreichend Hohlräumen für eine gute Wasserzufuhr und die nötige Belüftung.
Die Bodenlebewesen lockern also die Erde auf. Und sie schaffen etwas, was der Mensch auch mit modernster Technik nie erreichen kann: Sie stellen den Pflanzen zur richtigen Zeit am richtigen Ort die richtigen Nährstoffe zur Verfügung. Dieses komplizierte Ökosystem wird die Wissenschaft wohl nie in seiner Komplexität und Fülle erforschen können.
Die Bodenlebewesen lockern die Erde auf.
Und sie schaffen etwas, was der Mensch auch mit modernster Technik nie erreichen kann: Sie stellen den Pflanzen zur richtigen Zeit am richtigen Ort die richtigen Nährstoffe zur Verfügung. · Bild: Screenshot aus DVD "Der Boden auf dem wir leben - ein unbekannter Kosmos". Verlag Das Brennglas, 2018
Das fragile Gleichgewicht ist schnell zerstört
Doch dieses System funktioniert nur so perfekt, solange der Mensch nicht eingreift und alles durcheinander bringt, wie zum Beispiel durch tiefes Pflügen, das die oberen Schichten in sauerstoffarme Tiefen bringt, wo sie nicht hingehören. Denn die normalerweise weiter oben beheimateten Mikroorganismen können so tief im Boden nicht leben. Aber auch in den durch schwere Traktoren verfestigten Böden ist es vielen Lebewesen nicht mehr möglich, ihre Aufgaben zu erfüllen. Zudem kann das Wasser nicht mehr in den Boden einsickern, was fatale Folgen haben kann. Und nicht zuletzt wird die Lebensfähigkeiten vieler Organismen durch chemische Düngung und durch das Versprühen von Giftstoffen wie Herbiziden, Fungiziden und anderen Giften eingeschränkt oder zunichte gemacht.
Auch das Düngen mit Gülle kann viele Helfer im Boden verätzen und töten. Oft ist es so, dass für viele Landwirte der Boden lediglich ein Produktionsmittel geworden ist, aus dem sie auf Biegen und Brechen das Maximale herausholen.
Tiefes Pflügen
bringt die oberen fruchtbaren Schichten in sauerstoffarme Tiefen. Die in den oberen Schichten wirkenden Mikroorganismen können so tief im Boden nicht leben. Zudem ist in den durch schwere Traktoren verfestigten Böden vielen Lebewesen nicht mehr möglich, ihre Aufgaben zu erfüllen. · Bild: Screenshot aus DVD "Der Boden auf dem wir leben - ein unbekannter Kosmos". Verlag Das Brennglas, 2018
und Güllemassen töten das Leben im Boden
Wie das enden kann, erlebte der Landwirt Jens Petermann. Er studierte Agrartechnik und Landwirtschaft und bewirtschaftet seit 13 Jahren einen Bauernhof mit Ackerbau und Milchwirtschaft. Eines Tages erlebte er eine böse Überraschung: Ein eher harmloser Regenschauer spülte auf seinem 19 Hektar großen Maisfeld die Erde weg und hinterließ bis 1,8 Meter tiefe Erosionsrinnen, regelrechte Erosionsschluchten. Petermann war schockiert. Sein Acker war nicht wiederzuerkennen. Zum ersten Mal zweifelte Petermann an seiner landwirtschaftlichen Ausbildung und merkte, dass da etwas falsch läuft. Nun wollte er der Sache auf den Grund gehen. Er erkannte, dass der Boden ein sensibles biologisches Gefüge ist, dass, wenn es einmal zerstört ist, viel Zeit braucht, bis es wieder funktioniert.
Untersuchungen auf seinem Acker haben ergeben, dass der Boden zu stark verdichtet war, weil er zu intensiv bearbeitet und gedüngt wurde. Die oberen Bodenschichten, die vor Leben strotzen sollten, waren tot. Der Landwirt hatte mit Pflügen, Dünger und Pestiziden das Leben in seinem eigenen Acker getötet. So konnte das Wasser nicht mehr einsickern und spülte den instabil gewordenen Boden weg.
Nach diesem Schock geht Jens Petermann nun behutsam mit seinem Boden um, pflügt seine Äcker nur selten - und dann nur oberflächlich - und macht die Einsaat von Weizen sogar direkt auf abgeerntete Mais- und Sonnenblumenfelder.
Ein gesunder Boden kann sich nur entwickeln, wenn die Gesetze der Natur beachtet werden , so seine Überzeugung heute. Und er warnt: Wenn wir nicht lernen, mit den Böden anders umzugehen, werden wir in eine Katastrophe schlittern.
Petermann hat jedenfalls seine Lektion gelernt: Seine Äcker setzt er nicht mehr kahl den Witterungen aus. Er weiß heute, dass die so genannten Unkräuter sehr nützlich sind und nicht tot gespritzt werden dürfen, denn mit ihren Wurzeln halten sie den Boden zusammen und schützen ihn vor Sonne, Regen und Wind. Zudem ernähren sie das Bodenleben.
durch Wasser und Wind ausgeliefert
Pro Generation verschwindet in Europa ein halber Zentimeter Boden, der über die Flüsse ins Meer gespült wird. Das mag sich wenig anhören. Doch denken wir daran, dass die fruchtbare Schicht ursprünglich lediglich 30 Zentimeter tief war.
Nicht nur das Wasser kann bei ungeschützten Äckern großen Schaden anrichten, sondern auch der Wind. Der sich abzeichnende Klimawandel erzeugt zunehmend Wetteranomalien von ungewohnter Stärke. In konventioneller Landwirtschaft bearbeitete Äcker sind dadurch nicht nur zunehmend starken Regenfällen schutzlos ausgeliefert, sondern auch den immer stärker werdenden Stürmen. Spätestens wenn durch den Klimawandel vermehrt stärkere Stürme über die Äcker fegen und ungewohnt starke Platzregen das Land heimsuchen, wird man erkennen, dass jahrzehntelang etwas falsch lief. Es ist schwer zu verstehen, dass ausgerechnet Landwirte, für die ein gesunder Boden unentbehrlich, ja die Grundlage ihres Berufes ist, das Leben im Boden dermaßen drangsalieren und schlussendlich mit allerlei Mittel sogar abtöten.
Der sich abzeichnende Klimawandel
erzeugt zunehmend Wetteranomalien von ungewohnter Stärke. In konventioneller Landwirtschaft bearbeitete Äcker sind dadurch nicht nur zunehmend starken Regenfällen schutzlos ausgeliefert, sondern auch den immer stärker werdenden Stürmen. · Bild: Screenshot aus DVD "Der Boden auf dem wir leben - ein unbekannter Kosmos". Verlag Das Brennglas, 2018
Das Leben im Boden verstehen lernen
Vielleicht wird das Leben im Boden deshalb ignoriert, weil es mit bloßem Auge nicht zu erkennen ist? Deshalb ist es wichtig, dass immer mehr Menschen verstehen lernen, was sich - meist unsichtbar für unsere Augen - unter unseren Füßen abspielt.
Das Bodenleben wird in zwei Gruppen aufgeteilt: Als Bodenflora bezeichnet man den weit größeren Teil des Bodenlebens, nämlich die Bakterien, Pilze, Flechten und Algen. Sie machen ca. 80 Prozent des Lebens im Boden aus.
Zur Bodenfauna werden alle tierischen Organismen des Bodens gezählt. Sie machen circa 20 Prozent des Bodenlebens aus. Je nach Größe der Organismen wird die Bodenfauna in Mikrofauna, Mesofauna, Makrofauna und Megafauna unterteilt.
Leben in der Megafauna
Im Boden lebende Tiere, die größer als 20 mm sind, werden der Megafauna zugeordnet. Dazu gehören Regenwürmer und Wirbeltiere, die teilweise oder ganz im Boden leben und dort ihre Wohnungen und Nester haben wie z.B. Maulwürfe, Kaninchen, Hamster, Dachse, Murmeltiere und viele Mäusearten. Auch Reptilien gehören zu dieser Gruppe, wie z.B. Molche und Lurche.
Regenwürmer sind wohl zahlenmäßig die stärkste Gruppe der Megafauna. Durch ihre Lebensweise tragen sie wesentlich zur Humus- und Krümelbildung und nicht zuletzt zur Durchlüftung des Bodens bei. Regenwürmer ernähren sich von Blättern, Gräsern und abgestorbenen Pflanzenteilen. Mit einer Lebenserwartung von bis zu acht Jahren können sie bis zu 100 Tonnen kostbare Wurmlosung pro Hektar und Jahr produzieren.
Der Kot der Regenwürmer enthält im Vergleich mit einer guten Gartenerde durchschnittlich fünfmal mehr Magnesium, fünfmal mehr Stickstoff, siebenmal mehr Phosphor und elfmal mehr Kalium. Reinstes Gold für die Pflanzen. Und das kostenlos.
Regenwürmer tragen wesentlich zur Humusbildung
und zur Durchlüftung des Bodens bei. Der Kot der Regenwürmer enthält im Vergleich mit einer guten Gartenerde durchschnittlich fünfmal mehr Magnesium, fünfmal mehr Stickstoff, siebenmal mehr Phosphor und elfmal mehr Kalium. · Bild: Screenshot aus DVD "Der Boden auf dem wir leben - ein unbekannter Kosmos". Verlag Das Brennglas, 2018
Leben in der Makrofauna
Kleinere Tiere zwischen 2 und 20 mm Größe werden zur nächstkleineren Gruppe von Lebewesen, der Makrofauna, gezählt. Dazu gehören Tiere und Insekten wie Schnecken, Hundertfüßer, Spinnen, Asseln, Ameisen, Käfer und deren Larven. Was viele nicht wissen: Auch Schnecken sind fleißige Arbeiter der Humusproduktion. Sie besitzen eine Zunge mit Zähnchen, damit können sie Pflanzenteile und Laub in kleine Teile raspeln. Die Hauptarbeit der Lebewesen der Makrofauna ist die grobe Zerkleinerung von pflanzlichen Rückständen.
Leben in der Mesofauna
Alle Lebewesen im Boden, die zwischen 0,3 und 1 mm groß sind, zählen zur Mesofauna. Dazu gehören Milben, Springschwänze, Bärtierchen, Rädertiere, kleine Borstenwürmer und größere Fadenwürmer. Allein in einem Quadratmeter Boden sind ca. 50.000 Springschwänze zu Hause. Sie spielen bei der Humusbildung eine sehr wichtige Rolle, denn sie zerkleinern Falllaub und anderes pflanzliches Material. Bis heute sind über 6.000 Arten von Springschwänzen entdeckt worden.
Leben in der Mikrofauna
Mit einer stärkeren Vergrößerung am Mikroskop werden noch kleinere Lebewesen im Boden sichtbar. Sie bilden die Mikrofauna. Dazu zählen Tierchen von 0,002 bis 0,2 mm Größe: Mikroorganismen (Protozoen), kleine Nematoden und Rädertiere. Kein Zweifel, der Boden lebt! Unzählige Mikroorganismen besiedeln allein einen kleinen Tropfen Feuchtigkeit aus der Erde. Es ist ein überaus fleißiges und munteres Miteinander.
Die Bodenflora
Der weit größeren Teil des Bodenlebens, nämlich Bakterien, Pilze, Flechten und Algen, die ca. 80 Prozent des Lebens im Boden ausmachen, wird als Bodenflora bezeichnet.
Bakterien gehören wohl zu den kleinsten und zahlreichsten Mikroorganismen im Boden. Sie fördern das Pflanzenwachstum und verbessern zudem die Wasserspeicherung, indem sie den Nährstoffumsatz gewährleisten und die Bodenstruktur stabilisieren. Bakterien und Pilze leisten gemeinsam den größten Beitrag zum Abbau der organischen Stoffe, sie wandeln diese in lebensnotwendige Nährstoffe um, die die Pflanzen für ihr Wachstum benötigen. In einem einzigen Gramm Boden können über 100 Millionen Bakterien leben.
Bis zu 5 Millionen Pilzarten soll es weltweit geben. Pilze bilden ein unter irdisch lebendes, feines Fadengeflecht, welches das Erdreich durchzieht. Dieses stetig wachsende Netzwerk ist immer auf der Suche nach Feuchtigkeit und Nährstoffen, die es dann an Orte weiter transportiert, wo sie benötigt werden. Erst kürzlich haben Forscher entdeckt, dass Pilze mit ihren Pipelines Bakterien an trockenen Orten mit der für sie lebenswichtigen Feuchtigkeit sowie mit Nährstoffen versorgen.
Der Lebensraum der Algen befindet sich vor allem in den obersten Millimetern des Bodens. Sie geben organische Substanzen an den Boden ab. Algen sind meist einzellige Pflanzen oder Lebewesen, die auch Kolonien oder Filamente (fadenförmige Struktureinheiten) bilden können. Sie sind sowohl Pflanzen als auch Lebewesen, weil sie Photosynthese betreiben wie die Pflanzen und andererseits sich frei bewegen können.
Insekten- und Pflanzenvernichtungsgifte
Wir haben nun das verborgene Leben eines gesunden Bodens kennengelernt. Ob ein Boden gesund ist, kann man aber auch am Wachstum der Pflanzen beobachten. Ein gesunder Boden braucht keinen synthetischen Dünger, um gesundes Getreide oder Gemüse wachsen zu lassen.
Auf totem Boden wachsen jedoch ohne synthetischen Dünger kein Getreide und kein Gemüse, da es praktisch keine Lebewesen mehr gibt, die die Nährstoffe für das Pflanzenwachstum bereitstellen könnten. Ein Boden ohne Leben kann nur durch synthetische Dünger Pflanzen künstlich zum Wachsen bringen. Das meiste Brotgetreide und das meiste Gemüse, das heute auf dem Markt ist und in den Supermärkten verkauft wird, wurden auf totem Boden mit Gift und Chemie zum Wachstum gezwungen. Dass dies auf Dauer Auswirkungen auf die Gesundheit des Körpers und das geistig-seelische Wohl des Menschen haben kann, ist zu vermuten.
Dramatischer Rückgang von Insekten und Vögeln
Die moderne industrielle Landwirtschaft ist also, will sie auf mehr oder weniger totem Boden eine Ernte einfahren, vollkommen auf den massenhaften Einsatz chemischer Dünger und auch auf die Insekten- und Pflanzenvernichtungsgifte angewiesen. Doch welche Konsequenzen für die Umwelt hat diese Anbaumethode?
Vernichtet man durch Herbizide die Beikräuter mit ihren Blüten, vernichtet man automatisch auch die Insekten, die vom Nektar der Blüten leben.
Die Zahl der Insekten ist in den letzten Jahren um ganze 80 Prozent zurückgegangen. Unkraut- und Insektengifte stellten Studien zufolge einen relevanten Einflussfaktor dar.
Wissenschaftler schlagen seit Jahren Alarm. Im Sommer 2017 warnte schließlich auch das Bundesumweltministerium vor dem dramatischen Insektensterben.
Eine der Folgen ist jetzt schon sichtbar: Tötet man die Insekten durch Insektizide und nimmt ihnen die Lebensgrundlage, die Blüten der Kräuter durch Herbizide, rottet man dadurch automatisch auch viele Vögel und Fledermäuse aus, da viele von ihnen von Insekten leben. Der dramatische Rückgang der Insekten steht mit dem ebenso dramatischen Rückgang der Vögel in engem Zusammenhang. Vor allem Vögel, die in Agrarlandschaften leben, sind zunehmend bedroht.
Die Bundesregierung hat im April 2017 die Zahlen zusammengetragen: In Deutschland zeigt ein Drittel aller Vogelarten seit Ende der 90er-Jahre signifikante Bestandsabnahmen . So hat der Bestand der Rebhühner um 84 Prozent abgenommen, die Zahl der Kiebitze um 80 Prozent, die Zahl der Braunkehlchen um 63 Prozent, die der Uferschnepfen um 61 Prozent und die der Feldlerchen um 35 Prozent.
Auch der Bestand aller 25 heimischen Fledermausarten ist gefährdet, bei vielen Arten sogar stark gefährdet. Die Große Hufeisennase und die Kleine Hufeisennase sind fast ausgestorben, auch die Mopsfledermaus ist vom Aussterben bedroht.
Totenstille in den riesigen Monokulturen
Es sind nicht nur die fehlenden Blumen in den gespritzten Feldern, die diese Kettenreaktion des Sterbens auslösen. Es sind auch die Hecken und natürlichen Biotope, die ausgemerzt wurden und noch werden.
Angefangen hat dieser unglückselige Prozess schon früh, doch vor allem seit dem Aufkommen großer landwirtschaftlicher Geräte hat man die früher durch Hecken und Gehölze unterteilten Ackerflächen umstrukturiert und zusammengelegt, um die nun entstandenen größeren Flächen effizienter mit riesigen Maschinen bearbeiten zu können. Das abwechslungsreiche, patchworkartige Landschaftsbild mit einzelnen Feldern, umringt von Hecken, mit Büschen und Bäumen dazwischen, musste einer monotonen, unnatürlichen Landschaftsarchitektur weichen, die keinen Platz für Bäume, Hecken und Wildgewächse mehr hat.
Jetzt ist es totenstill in diesen riesigen Monokulturen. Unheimlich still! Kein Leben rührt sich. Keine einzige Blume ist zu sehen. Kein Summen von Insekten. Kein Schmetterling, kein Zwitschern von Vögeln ist zu hören. Nur hier und da sieht man einen Traktor, der mit dem Giftfass unterwegs ist, um Kräutern und Insekten den Garaus zu machen.
Gibt es einen Ausweg?
In letzter Zeit wird immer häufiger die Frage gestellt: Was könnte die Lösung sein, um den Boden richtig zu bewirtschaften ohne dem Bodenleben zu schaden? Ohne die Insekten zu töten? Ohne die Vögel und Fledermäuse zu dezimieren?
Ist der biologische, also der kontrolliert ökologische Anbau, eine Lösung? Ein großer Vorteil ist auf alle Fälle, dass auf chemische Düngemittel, Pestizide und gentechnisch veränderte Organismen verzichtet wird. Allerdings ist der Bio-Landbau meistens auch mit Nutztierhaltung verbunden. Schaut man genauer hin, was im Bio-Landbau alles als Dünger erlaubt ist, dann sagt dies viel aus: von Hornmehl, Blutmehl, Federnmehl, bis zu Mist, Jauche und aufbereiteter Gülle ist vieles erlaubt. Abgesehen davon: Die Vorstellung, dass die Bio-Gurken mit Mist aus Massenställen gedüngt werden und auf die Feldern von Bio-Kartoffeln Gülle gekippt wurde, ist nicht nur eklig. Wirklich vegan sind die Bio-Gurken oder Bio-Kartoffeln damit meist nicht. Denn die Rinder und Schweine, von denen der Mist und die Gülle stammen, werden für die Fleischproduktion gehalten, leiden zum großen Teil in industriellen Massenställen und werden nach kurzer Mast noch im Kindesalter geschlachtet.
Das Töten von Tieren wird aber heute nicht mehr von allen Menschen einfach akzeptiert. Für eine zunehmende Anzahl von Menschen gilt das Gebot Du sollst nicht töten auch für die Tiere.
Eine Alternative ist der bio-vegane Landbau. Beim bio-veganen Landbau sind nicht nur chemische Dünger, sondern auch alle tierischen Düngemittel tabu, denn es werden keine Tiere gehalten und so auch keine Produkte aus Tierhaltung oder -schlachtung wie Mist, Gülle, Knochen-, Blut- oder Hornmehl, Haarpellets etc. verwendet. Der bio-vegane Landbau ist also nicht nur die tierfreundlichste Alternative, sondern auch die beste Anbauart, um das Bodenleben zu schützen und zu fördern.
Mutmachend sind die Erfahrungen im veganen Friedfertigen Landbau. Der Friedfertige Landbau ist nicht nur bio und somit frei von synthetischen Düngern und Giften, sondern auch frei von tierischen Düngern wie Mist und Gülle, weil keine Nutztierhaltung betrieben wird. Bei der Bodenbearbeitung werden keine Pflüge eingesetzt, sondern der Boden wird nur oberflächlich gelockert, um das Leben im Boden möglichst wenig zu stören. Zur Stärkung und Düngung des Bodens und der Kulturen werden reine Natursubstanzen, wie z.B. das im Herbst gefallene Laub, pflanzlicher Kompost oder Gesteinsmehl verwendet. Weil die Beikräuter nicht totgespritzt werden, summt und brummt es überall. Tausende Insekten laben sich am Nektar der Blumen. Das Getreide wächst eingebettet in einem Blumenparadies.
Angestrebt wird zudem die alte Tradition der Dreifelder-Wirtschaft, um dem Boden immer wieder durch ein Brachejahr die nötige Ruhe und Gelegenheit zur Regeneration zu geben. Im Brachejahr greift der Mensch nicht ein und auf dem Feld wachsen die Kräuter und Pflanzen, die der Boden selber hervorbringt. Was es zur eigenen Regeneration braucht, das weiß der Acker mit all seinen unsichtbaren Mitarbeitern am besten.
Im bio-veganen Friedfertigen Landbau gibt es, wie bereits erwähnt, keine Nutztierhaltung. Die Tiere werden als Mitgeschöpfe geachtet und nicht getötet. Rund um die Felder gibt es viele frei lebende Tiere, wie Feldhasen oder Rehe. Sie sind froh über die giftfreie Nahrung und die Hecken, die entlang der Felder wachsen. Ein Teil der Ernte wird sogar für Wildtiere auf dem Feldstehen gelassen, denn ihr Recht auf Lebensraum wird respektiert.
Der bio-vegane Landbau
ist nicht nur die tierfreundlichste Alternative, sondern auch die beste Anbauart, um das Bodenleben zu schützen und zu fördern sowie dem dramatischen Insekten- und Vogelsterben entgegenzuwirken. · Bild: Screenshot aus DVD "Der Boden auf dem wir leben - ein unbekannter Kosmos". Verlag Das Brennglas, 2018
Infos über den veganen Friedfertigen Landbau: |