RespekTiere International: Der erste Gnadenhof in Mauretanien ist im Entstehen!
Die österreichische Tierschutzorganisation RespekTiere setzt sich seit rund 20 Jahren für die Tiere in Mauretanien ein, einem Land, das zu den ärmsten der Welt zählt. In dem Wüstenstaat ist - wie in vielen westafrikanischen Ländern - die Situation für die unzähligen Hunde und Katzen, die auf der Straße und auf Müllkippen leben, und für die vielen Tausend Arbeitsesel katastrophal: Die Esel müssen viel zu schwere Lasten tragen - und wenn sie nicht mehr weiter können, werden sie geschlagen, oft bis sie zusammenbrechen.
RespekTiere International hat in Mauretanien seit 2005 eine mobile Eselklinik aufgebaut, in der seit vielen Jahren mehrere Tierärzte und ihre Mitarbeiter sowie einige Hufpflegerinnen und Hufpfleger Tag für Tag kostenlos die geschundenen Esel an den Wasserstellen versorgen. Seither wurde rund 200.000 Eseln auf diese Weise geholfen. Nun hat sich RespekTiere ein neues Projekt vorgenommen: In Nouakchott, der Hauptstadt von Mauretanien, soll der erste Gnadenhof des Landes entstehen!
Von Tom Putzgruber, RespekTiere e.V.
Etwas Neues schaffen, für das es in der Landessprache noch gar kein Wort gibt, das ist wohl eine sehr aufregende Vorstellung! Ein absoluter Wunschtraum, wenn es sich dabei auch noch um eine hoch soziale Errungenschaft handelt. Doch Träume haben es allgemein oft an sich, dass sie meist eben Träume bleiben. Sie gehen selten in Erfüllung, in der Regel müssen wir uns mit der bloßen Fantasie einer möglichen Umsetzung begnügen. Aber manchmal nimmt der Traum doch Form an... Was wir damit sagen wollen: Wir haben 2023 ein Grundstück in Mauretaniens Hauptstadt Nouakchott gekauft. Hier soll der erste Gnadenhof des Landes entstehen. In jener Metropole, wo bis vor kurzem noch 80 Prozent aller zu befördernden Güter buchstäblich auf dem Rücken der Esel befördert wurden. Egal, ob es sich um Trinkwasser, Lebensmittel oder Baumaterial handelte. Oder um Menschen, die mit »Esel-Taxis« befördert wurden.
Arbeitsesel schleppen viel zu schwere Lasten, die meisten haben schlimme Wunden
Jahrzehntelang mussten etwa 100.000 Arbeitsesel tagtäglich schuften, leiden und sterben. Unbeachtet, unbeweint, von der weiten Welt vergessen. Die weite Welt ist auf menschliche Problematiken fokussiert, auch wenn beide, die tierliche und die humane, derart verflochten sind, wie es hier in Mauretanien der Fall ist: Kann der Esel nicht arbeiten, bricht die ganze Existenzgrundlage für den Menschen weg.
Inzwischen ist die Zahl der Arbeitsesel etwas zurückgegangen, weil ein ambitioniertes Programm und ein Austausch mit China die tierliche Kraft zunehmend durch motorbetriebene ersetzt: Tuk-Tuks, kleine dreirädrige Mopedfahrzeuge, sieht man jetzt überall. Nichtsdestotrotz ist die Situation für die »Lasttiere« nach wie vor dramatisch.
Seit 20 Jahren Einsatz für Esel in Mauretanien
Seit 2005 engagiert sich RespekTiere in Mauretanien, seit 2007 führen wir eine eigene mobile Esel-Klinik. Rund 200.000 Esel haben wir seither behandelt. Was vielleicht aber noch wichtiger ist: Wir haben es tatsächlich geschafft, den Tierschutz als Wert in die Gesellschaft einfließen zu lassen! Wie das ging? Indem wir uns von der religiösen Seite inspirieren ließen und die Menschen auf Plakaten und im Radio an bestimmte Stellen im Koran erinnerten: »Wer Gnade am Tier übt, an dem wird Allah Gnade üben.«
Oder: »Kein Getier gibt es auf der Erde, und keinen Vogel, der mit seinen Schwingen fliegt, die nicht wären Völker gleich Euch.« (Sure 6, Vers 38)
Was ist das Hauptproblem mit den Arbeitseseln in Mauretanien?
Durch das permanente Schlagen sind die Esel allesamt mit oft furchtbaren Wunden überzogen. Andere Verletzungen entstehen durch die aus Stofffetzen, Metallteilen, Plastik und verrostetem Draht selbstgebastelten Zaumzeuge und Zuggeschirre, welche bei jedem Schritt scheuern und so an allen möglichen Stellen Aufschürfungen und offene Fleischwunden verursachen. Immer bleiben die Verletzungen unbehandelt, denn einen Tierarzt können sich die Menschen nie leisten - ist es doch die unterste Bevölkerungsschicht, die mit den Eseln arbeitet - »Harantines« genannt, Nachkommen ehemaliger Sklaven. (Dies ist ein weiterer Aspekt Mauretaniens:
Es wird geschätzt, dass es bei einer Bevölkerung von rund 4 Millionen Menschen ganze 600.000 gibt, welche als Sklaven oder in sklavenähnlichen Verhältnissen arbeiten. Damit belegt Mauretanien in einer traurigen Statistik Rang 1: Gemessen an der Gesamtbevölkerung ist es der höchste Sklavenanteil weltweit).
Dann die ungeheuren Lasten! Bis zu 1.000 (!!!) kg werden den Eseln aufgebürdet! Wir sahen einmal einen Mann, der 50 20kg-Kübel Farbe auf einen Eselkarren lud; daneben ein Pickup mit 140 PS, auf dem gerademal die Hälfte Platz fand. »Der Wagen kostet viel Geld, hat einen Wert«, lautete die ehrliche, aber umso erschütternde Antwort. Meist sind es zwei Wasserfässer zu jeweils 200 kg, welche der Esel zu ziehen hat, dazu den schwere Eisenkarren, die Räder oft nicht aufgepumpt, das Gewicht des Fahrers... Das sind dann schnell mal 600 kg, welche allesamt durch Wüstensand bewegt werden sollen - von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang.
Die Fütterung der Esel besteht bis zu 100 % aus Pappe! Tatsächlich sehen wir immer wieder, dass es einen eigenen Beruf gibt: Nämlich jenen, wo Menschen den ganzen Tag nichts anderes tun, als Altkartons zu zerkleinern, um diese Stücke dann als Eselfutter zu vermarkten. Ursache ist die Misere, in welcher diese Menschen leben und nicht wissen, wie sie die eigenen Kinder satt kriegen sollen. All das bildet einen herzzerreißenden Kreislauf.
Ein Traum wird wahr: Gnadenhof »Hoffnung«
2023 konnte RespekTiere ein 1600 Quadratmeter großes Grundstück in Mauretaniens Hauptstadt Nouakchott erwerben. Dafür haben wir eine einheimische NGO gegründet: Zusätzlich zu RespekTiere Austria und RespekTiere-International mit Sitz in Deutschland gibt es nun RespekTiere-Mauretanie, wo wir aber selbstverständlich mit im Vorstand sind. Unser Tierarzt Dr. Dieng, der seit der ersten Stunde mit dabei ist, ist der medizinische Leiter des Projektes. Unermüdlich kümmerte er sich seit Monaten um den gesetzlichen Rahmen bezüglich der Parzelle. Nun ja, dieses Grundstück ist ein Teil der Wüste, außer Sand gibt es da nicht viel.
Aber schon bald wird es von einer Mauer umgeben sein. Dann entstehen Stallungen. Ein Behandlungsraum. Ein Raum für den Wächter, der in Mauretanien unumgänglich ist. Und Platz für Esel und Straßenhunde, welche aufgrund von Verletzungen keine Chance hätten in einem harten Land wie Mauretanien.
Ja, vielleicht hört sich das alles noch ganz nach dem berühmten »Tropfen auf den heißen Stein« an. Aber dieser Tropfen kann zu so viel mehr werden, zu einem Rinnsal, schließlich zu einer Flut. Zusätzlich zu unserer mobilen Klinik wäre ein Gnadenhof die ideale Ergänzung. Ein Gnadenhof! Das ist das Wort, welches es in Mauretanien gar nicht gibt. Auch keine Vorstellung davon. Wir, RespekTiere, werden diese in die Köpfe der Menschen zu pflanzen versuchen. Wenn das Vorhaben gelingt, wird es die Welt vor Ort verändern: Ein Gnadenhof, ein Sinnbild, ein Gesprächsthema. Ein wahr gewordener Traum. Hoffnung. Die Idee dahinter ist: Früher gab es im Islam immer Orte, wo ausgediente »Nutztiere« versorgt wurden. Dort, wo jetzt das Stadion von Damaskus ist, war früher so ein Platz. Diese Idee gilt es wiederzubeleben: Der RespekTiere-Gnadenhof »Hoffnung« in Mauretanien ist im Entstehen!
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