Tierschutzverein »Robin Hood«: Einsatz für Straßenhunde in Albanien
Der österreichische Tierschutzverein »Robin Hood« unterstützt neben Tierschutzprojekten und Tierrechts-Öffentlichkeitsarbeit in Österreich mehrere Tierschutzprojekte im Ausland. Dazu zählen ein Hilfsprojekt für Schlittenhunde in Grönland, der Einsatz für Streunerhunde in Rumänien mit Kastrationsprojekten und der Unterstützung von rumänischen Tierheimen sowie der Einsatz für Streunerhunde und Streunerkatzen in Albanien. Anfang 2023 reiste Marion Löcker, Gründerin und Vorsitzende von »Robin Hood«, zum dritten Mal nach Elbasan in Albanien, um sich ein Bild von der Lage der Streunertiere zu machen - und vor allem, um die Arbeit der Tierschützerinnen und Tierschützer vor Ort zu unterstützen. Lesen Sie hier ihren Reisebericht:
Von Marion Löcker, Gründerin und Vorsitzende von Robin Hood e.V.
Die tapferen Frauen von Elbasan und ihre wunderbaren Tiere
Seit einigen Jahren unterstützt Robin Hood im albanischen Elbasan tapfere Tierschützerinnen, die jeden Tag viele Kilometer unterwegs sind, um Straßenhunden und Straßenkatzen zu helfen - obwohl sie mit ihrem Tierschutzverein »Elbasan Cares About Animals« auch ein Tierheim mit 150 Hunde leiten und betreuen.
Egal bei welchem Wetter, ob Sonn- oder Feiertag: Vera, Mimoza und Marjana packen Hundefutter in ihr Privatauto und kümmern sich um diese Tiere, die zum Teil weit in den Bergen leben und niemanden haben. Ein derartiges Engagement habe ich offen gestanden selten erlebt!
Täglich starten wir um 10 Uhr und sind bis spät am Abend unterwegs: Erst fahren wir nach Tirana, um Futter zu holen, dann in die Berge, wo unsere kleinen Freunde schon warten. Wer nicht wartet, wird gerufen - und es ist herzergreifend zu sehen, wie sie von überall hersausen, um ihr Futter zu erhalten sowie liebe Worte und Streicheleinheiten. Sehr berührend ist eine Mutterhündin, die es gar nicht fassen kann, soviel Futter auf einmal zu bekommen: Sie versucht nämlich, alles in ihren Mund zu bekommen und scheitert kläglich. Die Verzweiflung ist ihr ins Gesicht geschrieben... sie nimmt mit, was geht, kehrt wieder um und beginnt erneut zu hamstern. Die Arme... aber es ist ja alles für sie und niemand würde ihr es wegnehmen. Sie will alles zu ihren Babies bringen.
Auffallend viele Hunde sind verletzt, haben alte Brüche, humpeln... viele sind Opfer von Autounfällen geworden. Vera erzählt, nicht selten werden Hunde absichtlich angefahren. Auch unser Tierarzt bestätigt mir die vielen Eingänge von verunfallten Hunden.
»Ich bin tief berührt vom Schicksal dieser Hunde, aber auch ihrer Lebensfreude«
Ich bin tief berührt vom Schicksal dieser Hunde, aber auch von ihrem ungebrochenen Lebenswillen, ihrer Freundlichkeit und Lebensfreude. Selbst mich, die sie doch gar nicht kennen, begrüßen sie freundlich, lassen sich streicheln und hüpfen freudig an mir hoch, zumindest viele von ihnen, manche sind freundlich reserviert und das ist auch ihr gutes Recht. Welpen laufen uns entgegen, völlig außer Rand und Band vor Freude. Sie bekommen Reis gemischt mit Hundefutter und alle machen sich hungrig über die großen Schüsseln her. Die Hundemutter hält sich zurück, beobachtet ihre Kinder mit Zufriedenheit in den glänzenden Augen.
»Was wären all diese Tiere ohne die beherzten Tierschützerinnen?«
Was wären all diese vielen Tiere ohne die beherzten Tierschützerinnen von Elbasan? Die Tage sind gefüllt mit Futter holen, in die Berge fahren, Hunde füttern - bis zum späten Abend.
Seit einiger Zeit arbeiten wir mit dem jungen Tierarzt Jon zusammen, der eine neue Praxis am Stadtrand von Elbasan eröffnet hat. Mit zwei Kollegen behandelt er auch »unsere« Tiere. Ganz wichtig ist das Kastrationsprogramm. Das Gute bei ihm: Die Tiere dürfen fünf Tage in der Klinik bleiben, sie werden vor der Operation und danach untersucht, damit alles gut verläuft. Mit Tierarzt Jon haben wir einen wertvollen Partner für unser Projekt in Albanien gefunden!
»Das einzig richtige Programm ist kastrieren - markieren - wieder freilassen«
In der Stadt Elbasan leben überall Straßenhunde - in keiner anderen albanischen Stadt gibt es so viele Streuner, auch in der Hauptstadt Tirana nicht. Ich habe noch nie, auch in Rumänien nicht, so viele Hunde gesehen. Zum Glück werden sie meist in Ruhe gelassen, obwohl es natürlich auch hier Tierhasser gibt. Aber wir dürfen sie kastrieren, markieren und wieder freilassen. Dieses Programm ist das einzige richtige, denn ein Tierheim bedeutet immer große Kosten und baldige Überfüllung. Stetes Kastrieren und Füttern bedeutet wohl mögliche Gefahren, aber auch Freiheit für die Hunde.
»Ein Streunerhund führt ein hartes Leben - aber er ist frei«
Ein Erlebnis ist mir besonders im Gedächtnis haften geblieben: Eine Fabrik hält zwei Hunde an der Kette auf dem Gelände. Einer davon, ein Schäferhund, hängt unmittelbar hinter dem Gelände an der Autobahn. Er hat zwar eine Hütte, ist aber tagaus tagein dem Lärm und der Luftverschmutzung ausgesetzt. Auch ihm bringen wir Futter. Welch ein Leben müssen die beiden Hunde führen! Jeder Streunerhund - und mag sein Leben noch so hart sein - hat ein besseres Dasein, denn er ist frei.
Natürlich müssen die Hunde essen und werden von den Tierschützerinnen auch mit Schlachtabfällen gefüttert. Mir persönlich tut das Abholen der Schlachtabfälle in den Hühnerschlachthöfen weh und auch die Tierfreundinnen sind nicht glücklich darüber. Ich habe die Haken gesehen, an denen die armen Hühner hängen, große Gitterboxen mit Resten von Federn. Wir sind außerhalb der Schlachtzeit dort... Doch ich fühle mich furchtbar und es geht mir sehr nahe, die LKWs mit den Plastikboxen zu sehen, in denen die armen Hühner transportiert werden. Eine Lösung fällt mir da momentan auch nicht ein...
Vera, Mimoza und Marjana führen das Tierheim »Elbasan Cares About Animals«
An dieser Stelle möchte ich betonen, dass die Tierfreundinnen nicht nur an die Hunde denken, auch die Katzen werden gefüttert: in der Stadt, im Garten eines Hotels, überall, wo sie sich aufhalten.
Vera, Mimoza und Marjana nehmen auch immer wieder Hunde aus dem städtischen Tierheim in ihr privates Tierheim »Elbasan Cares About Animals« auf, weil sie im städtischen Tierheim oft angekettet sind und kaum gefüttert werden.
Im letzten Jahr haben wir ein neues Grundstück für das Tierheim von Vera, Mimoza und Marjana gesucht und gefunden. Die Hunde haben großzügige Gehege, viele laufen frei, es gibt Olivenbäume, die in den heißen Sommern Schatten spenden. Die Hunde sind alle zutraulich, laufen um uns herum, als ich das Tierheim besuche, sie sind gut genährt und sehen glücklich aus. Fredi, ein junger Mann, der auf der Straße geboren wurde - ein Streunermensch sozusagen - ist 24 Stunden im Tierheim vor Ort. Nicht selten teilt er sein Bett mit einem Hunde-Notfall. Die Hunde mögen ihn und er mag sie, ein Streuner unter Streunern... und das meine ich absolut lieb.
Die letzte Chance für viele Hunde
Wie kam es eigentlich zur Gründung des privaten Tierheims? Vera erzählt, dass sie das Tierheim wegen Gina gegründet hat. Vera hat die Hundemutter mit zwei Welpen von der Straße geholt und bei sich aufgenommen. Gina ist mittlerweile 12 Jahre alt und darf ihr ganzes Leben in Veras Tierheim bleiben. Ohne Vera wäre sie gestorben und mit ihr unzählige Hunde, die nun ein Zuhause gefunden haben.
Balu ist auch ein trauriger Fall. Er wurde schwer verletzt am Rande der Autobahn gefunden und hatte keine Chance, hätte ihn Vera nicht entdeckt. Doch der schwer verletzte Balu hatte große Angst und wollte Vera beißen, als sie ihn hochnehmen wollte. Ein junger Mann konnte Vera letztendlich helfen, ihn ins Auto zu laden. Balu ist ein kräftiger, lustiger Hund geworden und sein leichtes Humpeln stört ihn gar nicht. Auch er ist einer der rund 150 Bewohner im Tierheim.
In der Stadt Elbasan selbst wimmelt es vor Hunden. Im Zentrum lebt Lupi mit seinen Hundekumpels. Jeden Morgen gehen Mimoza und ich zum Füttern und die Hunde laufen uns freudig entgegen, springen an uns hoch. Viele Menschen sehen uns fassungslos an, aber es gibt auch nette Menschen, wie einen Taxifahrer, der eine Hundehütte für diese Hunde aufstellen will.
»Menschen wie wertvolle Edelsteine, die selten zu finden sind«
Zu den absolut lieben Menschen zählt auch Veras Ehemann Romi. Er arbeitet in einem kleinen Holzbetrieb und gibt sein Geld Vera, damit sie für die Hunde sorgen und Futter kaufen kann. Er liebt seine Frau und die Tiere so sehr, dass er weder nach Reichtum noch einem tollen Auto oder Haus strebt. Vera und er leben in einer Wohnung, im Hof und im Haus werden Hunde und Katzen aufgenommen und gefüttert. Auch die beiden Töchter und ihre Lebensgefährten unterstützen die Tierschutzarbeit ihrer Mutter - eine tolle Familie!
Die Söhne von Marjana fahren in die Berge zum Hunde füttern, falls die Frauen einmal wirklich keine Zeit haben, in der Tierklinik oder anderswo beschäftigt sind. Es ist für die jungen Männer selbstverständlich, zu helfen.
Mimozas Sohn lebt in den USA und arbeitet in einer Flugzeugfabrik. Auch er unterstützt seine Mutter finanziell, ohne ihn könnte Mimoza nicht täglich für Hunde und Katzen kochen. Sie steht jede Nacht um 3.00 Uhr auf, um die Straßentiere zu füttern, da sie tagsüber oft angefeindet wird.
Ich bin beeindruckt von diesen Menschen, die - wie wertvolle Edelsteine - selten auf unserem Planeten zu finden sind.
Die Familien von Vera, Mimoza, Marjana unterstützen die Tierschutzarbeit:
ideell, durch aktive Mithilfe und durch finanzielle Unterstützung. »Ich bin beeindruckt von diesen Menschen«, sagt Marion Löcker. Sie ist dankbar, dass auch durch die Spenderinnen und Spender von »Robin Hood« das Leben der Hunde von Elbasan verbessert werden kann. · Alle Bilder: robinhood-tierschutz.at
Tierschutzverein »Robin Hood«
Der Tierschutzverein »Robin Hood« wurde 2010 gegründet und sieht seine Aufgaben sowohl im Tierschutz als auch in der Tierrechtsarbeit: »Tiere brauchen nicht nur unseren Schutz, sie brauchen genauso Rechte und die Wahrung derselben. Wir sehen unsere Aufgabe zum Einen darin, einzelnen Tieren zu helfen, aber auch durch politische Veränderungen Verbesserungen herbeizuführen.«
»Robin Hood« hilft Tieren mit aktiven Projekten und politischen Kampagnen: in Österreich beispielsweise durch die Rettung von Tieren aus tierquälerischen »Nutztier«-Haltungen, die Unterstützung einer Wildtierstation im Waldviertel und der Kampagne für die Verbesserung der Lebensbedingungen für Fiakerpferde. Zu den Tierschutzprojekten im Ausland zählen ein Hilfsprojekt für Schlittenhunde in Grönland, die oft unter unfassbaren Bedingungen vegetieren müssen, der Einsatz
für Streunerhunde in Rumänien mit der Unterstützung von rumänischen Tierheimen sowie der Einsatz für Straßentiere in Albanien, im Irak, in Sibirien, Ungarn und Armenien.
Informationen: www.robinhood-tierschutz.at