Tod nach 5 Tagen in Freiheit
Im Mai 2014 nahm Wildtierretter Frank Demke verwaiste Fuchswelpen in der Pflegestelle der Wildtierhilfe Mecklenburg-Vorpommern auf, um sie aufzupäppeln und auf ein Leben in Freiheit vorzubereiten. |
Der Journalist und Kameramann Mike-Thomas Römisch machte für die NDR-Sendung NaturNah: Fuchswelpen- und Rehkitzalarm - Der Wildtierretter ergreifende Aufnahmen von den geretteten Fuchswelpen.
Bilder: Mike-Thomas Römisch Balticmovie.de facebook.com/balticmovie
Von Lovis Kauertz, Wildtierschutz Deutschland e.V.
Füchse haben es nicht leicht. Jäger töten in Deutschland jedes Jahr unter dem Vorwand der Bestandsregulierung über eine halbe Million der nützlichen Beutegreifer. Dabei wissen wir seit Jahrzehnten aus der Forschung, dass sich gerade Fuchsbestände selbst regulieren. Bei hohen Verlusten durch die Jagd ist auch die Geburtenrate überproportional hoch.
Weniger Jagd - weniger Füchse
Wenn Füchse jedoch nicht bejagt werden - wie das zum Beispiel im Nationalpark Bayerischer Wald der Fall ist - reduziert sich die Anzahl der Nachkommen gegenüber der in bejagten Gebieten enorm. Die Bestände bleiben konstant.
Sachliche ökologische Argumente scheinen bei den deutschen Jagdverbänden jedoch weniger eine Rolle zu spielen, als vielmehr tendenziöse Charakterisierungen, die den Fuchs zum Schädling , zum Räuber , zur Plage degradieren. Entsprechend dieser Ideologie hat Reineke Fuchs in Deutschland keine oder keine ausreichenden Schonzeiten. Zaghafte Vorstöße der Politik, die Schonzeiten für Füchse auszuweiten, wurden erst kürzlich seitens der Jagdlobbyisten erfolgreich zurückgewiesen. In dieser Situation kommt es immer wieder dazu, dass im Frühjahr verwaiste Fuchswelpen aufgefunden werden. So ging es auch Julchen, Jacky und ihren Geschwistern, die zunächst in einem Tierheim im Mecklenburg-Vorpommern abgegeben wurden.
Die Verantwortlichen des Tierheims, die selbst keine Erfahrung mit der Aufzucht von Füchsen haben, wandten sich an Frank Demke, den Initiator der Wildtierhilfe Mecklenburg-Vorpommern, der vier von ursprünglich sieben Welpen aufnahm. Drei waren bereits in den ersten Tagen nach dem Auffinden gestorben.
Für Wildtierschützer Frank Demke war das eine vollkommen neue Situation: Bisher hatte er sich aktiv mit der Rettung von Rehkitzen bei der Heuernte beschäftigt. Dazu hat er gemeinsam mit Vereinsmitgliedern eine mit Infrarotkamera ausgestattete Drohne entwickelt, welche die zu mähenden Felder abfliegt und Wärmebilder auf einen Monitor sendet. So können Rehkitze im hohen Gras lokalisiert und gesichert werden.
Zweieinhalb Wochen alte Fuchswaisen gerettet
Frank Demke stellte sich der neuen Aufgabe mit Enthusiasmus: Mit dem Rat des Wildtierschutz-Fuchsexperten und eigener Erfahrung aus seiner Hundeschule wurden die erst zweieinhalb Wochen alten Fuchswaisen Jacky, Julchen, Peppino und Jackomo im Mai in der eigens hergerichteten Wildtierstation aufgepäppelt.
Anfängliche Sorgen der Nachbarn konnten bald beruhigt werden: Der letzte Fall von Tollwut unter Füchsen in Deutschland liegt dank bundesweit ausgebrachter Impfköder bereits neun Jahre zurück. Vom ersten Tag an wurden die Fuchswelpen tierärztlich betreut: Es wurden Kotproben analysiert, sie wurden prophylaktisch mehrfach entwurmt und geimpft. Die Kleinen waren kerngesund und entwickelten sich prächtig!
Schon mit fünf Wochen waren die Welpen stubenrein. Kein Wunder, denn auch in der Natur halten sie ihren Bau rein. Sie waren neugierig, an allem interessiert.
Den Sommer verbrachten die Jungfüchse in abgetrennten Räumlichkeiten des Hauses und im Garten. Jeden Tag wurde spielend die Rangordnung neu geklärt. Frank Demke übte mit ihnen den Mäusesprung und bereitete die Füchschen so gut es ging auf ein Leben in Freiheit vor.
Eigentlich wollte er Julchen und Jacky noch bis zum Frühjahr bei sich behalten. Doch der Freiheitsdrang der beiden nahm so stark zu, dass er seinen Plan ändern musste. Über einen geeigneten Auswilderungsort machte sich Frank Demke viele Gedanken. Schließlich wurde ein Waldstück gefunden, in dem nach Absprache mit dem Eigentümer Füchse geschont werden würden.
Der Freiheitsdrang der beiden Jungfüchse
war so groß, dass Frank Demke den Entschluss fasste, nicht mehr bis zum Frühjahr zu warten, sondern sie noch im Herbst in die Freiheit zu entlassen. Als Auswilderungsort wurde ein 100 Hektar großes Waldstück gefunden, in dem der Jagdpächter vom Grundbesitzer Anweisung hatte, keine Füchse zu bejagen. Jeden Tag besuchte der Tierfreund seine Füchschen, brachte ihnen Futter und machte Fotos. Sie freuten sich, Frank zu sehen. ließen sich aber nicht mehr anfassen. · Bild: Frank Demke
und doch hat es am Ende nicht gereicht"
Dann der große Schreck: Im Nachbarrevier war eine Treibjagd geplant! Nachdem Frank Demke in der Nähe des Auswilderungsortes Hinweisschilder auf die Treibjagd entdeckt hatte, war er den ganzen Tag mit einer weiteren Tierfreundin in dem befriedeten Wald gebiet unterwegs, um seine Füchse zu beschützen. Am Morgen ging er zunächst an die Stelle, an der Jacky und Julchen ausgewildert worden waren, um sie zu füttern und das Waldstück zu sichern. Er hatte Sichtkontakt zum kleinen Jacky und konnte einige Fotos machen. Gierig verschlang der Jungfuchs sein Frühstück und legte den Überschuss in Depots an. Julchen war in der Nähe, zeigte sich aber nicht.
Von einer Treibjagd war zunächst nichts zu merken. Die beiden Tierfreunde gingen in einem großen Bogen um das Waldstück, um die kleinen Füchse nicht zu verschrecken. Plötzlich krachten in unmittelbarer Nähe mehrere Schüsse. Die Treiber kamen mit freilaufenden Hunden, die auch durch das befriedete Waldstück stöberten. Bange Stunden des Wartens und Hoffens vergingen, bis Frank Demke und seine Begleiterin die traurige Gewissheit hatten: Mit zerrissenem Körper und weggeschossenen Beinen lagen sie dicht beieinander. Frank Demke hat sie sofort erkannt. Zweifellos.
Nach nur fünf Tagen in Freiheit war das junge Leben von Jacky und Julchen durch Jäger ausgelöscht worden. Unendliche Trauer aber auch Wut kommen auf, wenn man über diesen sinnlosen Tod nachdenkt , sagt Frank Demke. Wir haben alles für die Kleinen getan und doch hat es am Ende nicht gereicht. Wir werden nicht aufhören, gegen dieses Töten zu kämpfen. Denn Jacky und Julchen waren nur zwei von etwa 500.000 Füchsen, die jedes Jahr in Deutschland durch Jäger getötet werden.
Informationen:
Wildtierhilfe Mecklenburg-Vorpommern e.V. |
Wildtierschutz Deutschland e.V.
Wildtierschutz Deutschland e.V. setzt sich für die wildlebenden Tiere in unseren Wäldern und Fluren ein: durch Öffentlichkeitsarbeit, die Unterstützung von Wildtierauffangstationen und Unterstützung der Bürgerbewegung Zwangsbejagung ade . |