Wie Primaten: Pferde verfügen über »reiches Repertoire« an Gesichtsausdrücken
Ein britisches Forschungsteam untersuchte die Mimik von Pferden in Videostudien - und entdeckte dabei erstaunliche Ähnlichkeiten mit Primaten: Pferde kommunizieren mit dem ganzen Gesicht.
Für die Studie wurden 72 Stunden Videomaterial analysiert, das Interaktionen zwischen Pferden zeigt. Dabei konnten 805 Verhaltensweisen im Gesicht dokumentiert werden, die jeweils in bestimmten Situationen aufkamen. Das Besondere der Studie ist, dass das Forschungsteam die Gesichtsausdrücke der Pferde systematisch dokumentierte und dabei ein breites Spektrum natürlich vorkommender Verhaltensweisen abdeckte. »So etwas in diesem Ausmaß wurde bei Pferden noch nie zuvor versucht, und es ist wirklich spannend zu sehen, wie subtil ihre Kommunikation untereinander ist«, erklärt Studienleiterin Dr. Kate Lewis vom Centre for Comparative and Evolutionary Psychology, University of Portsmouth. »Pferde verfügen über ein reichhaltiges und komplexes Repertoire an Gesichtsausdrücken.«
Jeder Reitschüler bekommt beigebracht: Wenn Pferde die Ohren anlegen, ist Vorsicht geboten. Doch die Studie zeigt: Wer Pferde verstehen will, darf sich nicht nur auf einen Aspekt im Gesichtsausdruck verlassen. »Stattdessen müssen wir berücksichtigen, wie die einzelnen Gesichtsbewegungen zusammenwirken, um den gesamten Gesichtsausdruck zu erzeugen«, so Dr. Kate Lewis gegenüber dem »Guardian«.
Wenn ein Pferd die Ohren nach hinten richtet, kann es sein, dass es ein Geräusch gehört hat oder seine Ohren aufmerksam zu einem Kommunikationspartner dreht. Sind die Ohren aber angelegt, die Nüstern aufgebläht, die inneren Augenbrauen hochgezogen und der Kopf gesenkt, ist dies ein sehr deutliches Warnzeichen.
In der Studie wurde beobachtetet, dass spielende Pferde ebenfalls die Ohren nach hinten drehen und flacher anlegen, dabei ziehen sie oft das Kinn hoch und öffnen ihren Mund weit. Solche »Schnuten«, die Pferde beim Spielen ziehen, ähneln deutlich denen von Primaten: Auch Primaten öffnen beim Spielen den Mund, um zu zeigen, dass die Interaktion gerade nicht aggressiv gemeint ist, sondern eben als Spiel.
Das Verständnis von Ursache und Funktion der Mimik von Tieren kann wichtige Erkenntnisse über den kognitiven und emotionalen Zustand des Tieres liefern, schreiben die Forschenden.
Quellen:
· Kate Lewis, Sebastian D. McBride et al.: An ethogram of facial behaviour in domestic horses: evolutionary perspectives on form and function. PeerJ , 2025. peerj.com/articles/19309/#
· More than a long face: horses use ‘rich repertoire’ of expressions to interact. The Guardian, 28.5.2025
https://www.theguardian.com/lifeandstyle/2025/may/28/horse-facial-expressions-research