Keine Jagd im Biotop »Rüm Hart«!
Die Hamburger Familie Janssen - Andrea und Dr. Dirk Jannsen und ihre erwachsenen Kinder Malte und Bilke - hat die Familienstiftung »Rüm Hart« mit dem Ziel gegründet, kleine Biotope zu errichten, um die dort vorhandene Artenvielfalt insbesondere vor schädlichen Eingriffen des Menschen zu schützen. »Rüm Hart« ist der Leitspruch der Friesen und bedeutet »weites Herz«. 2017 hat die Familie ein Biotop bei Osterholz-Scharmbeck in Niedersachsen erworben, um dort Lebensraum für wild lebende Tiere zu schaffen. Die wunderschöne Fläche zeichnet sich durch eine Feuchtwiese, auf der eine seltene Orchideenart vorkommt, sowie einen kleinen Auenwald aus, durch den sich der Scharmbecker Bach schlängelt. Die Familie Janssen kann es nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, wenn Jäger dieses Biotop betreten und dort Jagd auf wildlebende Tiere machen.
»Unserer kleinen Familienstiftung liegt der Umwelt- und Tierschutz am Herzen«, erklärt Dr. Dirk Janssen. »Die Naturräume sind bekanntermaßen überall bedroht und auf dem Rückzug. Der Klimawandel trägt ebenfalls zur Bedrohung der biologischen Vielfalt bei. Unser Antrieb ist, dass wir - die jetzt lebenden Menschen - noch etwas ändern und die Biodiversität retten können. Die von uns gegründete Rüm Hart Stiftung ermöglicht uns, eigene Projekte zur Umweltbildung und zum Schutz der biologischen Vielfalt in Hamburg und Umgebung zu entwickeln und umzusetzen.« Der Leitspruch der Friesen »Rüm Hart - Klaar Kimming« (»Weites Herz, klarer Horizont«) bildet diese Stiftungsidee ab und gibt gleichzeitig einen Hinweis auf die norddeutsche Heimat der Familie.
Die »Rüm Hart« Stiftung hat eine 1,4 Hektar große Teilfläche eines besonders geschützten Biotops nach § 28a Niedersächsisches Naturschutzgesetz und Bestandteil des Landschaftsschutzgebiets »Oberlauf des Scharmbecker Baches« erworben. Hierbei handelt es sich um ein Mosaik aus Sumpf- und Auwäldern, Sümpfen, Röhrichten und mageren Nasswiesen.
Jäger stellt Hochsitz mitten im Biotop auf
»Vor drei Jahren hat erstmalig ein Jäger einen Hochstand auf unserer Fläche aufgestellt und begonnen, sein "Handwerk" zu verrichten. Als offenbar naive Städter waren wir komplett überrascht, dass der Hochstand ohne vorherigen Kontakt einfach auf unserer Fläche aufgestellt wurde. Und dass dies rechtlich zulässig ist«, so Dr. Dirk Janssen. »Ich habe versucht, den Jäger in einem Telefonat davon abzubringen, auf unserer Fläche zu jagen, da wir diese Fläche der Natur sich überlassen möchten und unser Stiftungsziel der Jagd entgegensteht. Leider ohne Erfolg.«
Familie beantragt Jagdbefriedung
Dr. Jannsen beauftragte daraufhin einen Rechtsanwalt, um die Familie bei der jagdrechtlichen Befriedung des Grundstücks zu unterstützen. Die Familie erklärte in einer eidesstattlichen Versicherung mit bestem Wissen und Gewissen, dass sie die Jagd und die damit einhergehende Verletzung, Misshandlung und Tötung von Tieren generell und auf ihrem Grund und Boden ablehnen. Der Rechtsanwalt reichte im September 2019 einen Antrag auf Jagdbefriedung ein und forderte den Jagdpächter auf, den Hochsitz zu entfernen. Die Jagdbehörde habe nicht reagiert. Doch weil der Hochstand im letzten Jahr zeitweilig entfernt war, unternahm die Familie zunächst nichts weiter. Als nun der Hochstand wieder aufgestellt wurde, setzten sich die Janssens mit der Initiative Zwangsbejagung ade in Verbindung und holten sich Rat. Daraufhin beauftragten sie im Frühsommer 2022 erneut einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung des Jagdverbots in dem Biotop. Nun hofft die Familie, dass die Tiere bald Frieden haben.
Informationen
Rüm Hart |
Zwangsbejagung verstößt gegen Menschenrechte
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in seinem Urteil vom 26.06.2012 im Verfahren Herrmann gegen Bundesrepublik Deutschland eine Verletzung von Artikel 1 Protokoll Nr. 1 (Schutz des Eigentums) zur Europäischen Menschenrechtskonvention festgestellt: Es ist nicht mit dem in der Menschenrechtskonvention garantierten Schutz des Eigentums zu vereinbaren, wenn Grundstückseigentümer, welche die Jagd nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren können, zwangsweise Mitglied in Jagdgenossenschaften sind und damit die Jagd auf ihrem Eigentum dulden müssen. |
»Keine Jagd auf meinem Grundstück!« - Die rechtliche Grundlage
Generell unterliegen alle Flächen in Deutschland dem Jagdrecht. Jäger haben also grundsätzlich das Recht, überall außerhalb geschlossener Ortschaften die Jagd auszuüben. Alle Grundstücke im Außenbereich sind in einer Jagdgenossenschaft zusammengeschlossen, welche die Flächen an Jäger verpachtet. Dies bedeutet, dass Jäger auf privaten Grundstücken, die Teil einer Jagdgenossenschaft sind, die Jagd ausüben dürfen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte am 26.06.2012 entschieden, dass die Zwangsmitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft gegen die Menschenrechte verstößt, sofern der Grundeigentümer die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt. Am 6.12.2013 ist der § 6a Bundesjagdgesetz »Befriedung von Grundflächen aus ethischen Gründen« in Kraft getreten.
Der Antrag auf jagdrechtliche Befriedung
Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundstücken, die im Außenbereich liegen und Teil einer Jagdgenossenschaft sind, können einen »Antrag auf jagdrechtliche Befriedung aus ethischen Gründen« bei der zuständigen Unteren Jagdbehörde (Teil des Landratsamtes oder der Stadt) stellen. Dazu benötigen Sie auf jeden Fall die Flurnummern. Sie müssen den Antrag immer für alle in Ihrem Besitz stehenden Grundstücke stellen.
Die Ablehnung der Jagd sollten Sie ausschließlich mit ethischen Motiven begründen und Ihren Gewissenskonflikt darlegen:
• Sie lehnen aus ethischen Gründen generell das Töten von Tieren ab (Vegetarier/Veganer).
• Sie können es nicht mit Ihrem Gewissen vereinbaren, wenn Jäger auf Ihrem Grundstück Wildtiere tot schießen und Sie Ihr Grundstück dafür gegen Ihren Willen und gegen Ihre ethische Überzeugung zur Verfügung stellen müssen.
• Sie lehnen aus Gründen des ethischen Tierschutzes und der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf ab, wildlebende Tiere zu jagen und hierbei durch Duldung der Jagd auf den eigenen Grundstücken mitzuwirken. Sie berufen sich auf das Tierschutzgesetz: »Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.« (§ 1 TierSchG) Die Hobbyjagd ist in Ihren Augen kein vernünftiger Grund.
Helfen Sie mit!
Viele Grundstückseigentümer, welche die Jagd auf ihrem Grund und Boden nicht länger dulden wollen, kommen erst durch die Hilfe eines Rechtsanwalts zum Ziel. Da dies für den einzelnen Tierfreund, der sein Grundstück jagdfrei stellen möchte, hohe Kosten bedeuten kann, können Sie mit einer Spende unterstützen. Je mehr Grundstücke in einem Bundesland bereits jagdfrei gestellt wurden, desto leichter wird es für weitere Grundstückseigentümer, die ebenfalls den Antrag auf jagdrechtliche Befriedung stellen. So können in Deutschland endlich die dringend benötigten Rückzugsgebiete für Wildtiere geschaffen werden.
Helfen Sie mit!
Wollen Sie die Bürgerbewegung Zwangsbejagung ade und damit betroffene Grundstückseigentümer, welche die Jagd auf ihren Flächen nicht länger dulden wollen, unterstützen? |