Schwere Misshandlung von Kälbchen auf Kälberauktion
Der Tierrechtsorganisation PETA wurde umfangreiches Bild- und Filmmaterial von Kälberauktionen des Zuchtverbands für oberbayerisches Alpenfleckvieh Miesbach e.V. zugespielt. Die Aufnahmen dokumentieren über drei Jahre hinweg massive Gewalt gegenüber Kälbern vor den Auktion, während der Auktionen und danach.
Der Fernsehsender RTL veröffentlichte Anfang August einige der verstörenden Szenen: Kleine Kälber werden getreten und an den Ohren gezogen. Wenn sie schneller laufen sollen oder vor Schwäche nicht mehr aufstehen oder gehen können, werden ihre Schwänze schmerzhaft gebogen.
Außerdem ist die Versorgung durch Flüssignahrung auf keiner der Videoaufnahmen ersichtlich. Daraus lässt sich schließen, dass die Jungtiere teilweise bis zu 14 Stunden Hunger und Durst erleiden mussten. PETA hat am 27. Juli 2023 bei der Staatsanwaltschaft München II Strafanzeige gegen den Zuchtverein gestellt.
Das Bild- und Filmmaterial, aus dem diese Bilder stammen, wurde der Tierrechtsorganisation PETA zugespielt und ist im Zeitraum von 2020 bis 2023 entstanden.
Aufgenommen wurde es mit hoher Wahrscheinlichkeit beim wöchentlichen Markt des Zuchtverbandes Miesbach in der Oberlandhalle. RTL hat dies durch eigene Recherchen bestätigt und den Zuchtverband mit dem Videomaterial konfrontiert. · Alle Bilder / Screenshots: PETA Deutschland e.V.
Grausamkeiten an Kälbern sind fester Bestandteil der Milchindustrie
»Die uns zugespielten Aufnahmen spiegeln einmal mehr die lebensverachtenden Praktiken innerhalb der Milch- und Fleischindustrie wider«, so Scarlett Treml, Agrarwissenschaftlerin und Fachreferentin für Tiere in der Agrarindustrie bei PETA. Die Szenen seien bezeichnend für »eine Industrie, in der Kälber als Abfall gesehen werden«. Denn eine Kuh gibt bekanntlich nur dann Milch, wenn sie ein Kind zur Welt gebracht hat. Je mehr Milch also produziert werden soll, desto mehr Kälber werden benötigt. »Doch Kälber sind Säuglinge, die wie menschliche Babys gänzlich von der mütterlichen Fürsorge abhängig sind.«
Tritte, Hunger und Angst: Tierkinder auf Kälberauktionen nichts als Ware
Etwa 600 Kälbchen werden jede Woche zu den Kälberauktionen des oberbayerischen Zuchtvereins gebracht und dort versteigert. Das der Tierrechtsorganisation PETA zugespielte Filmmaterial zeigt deutlich, wie brutal der Umgang mit den wenigen Wochen alten Kälbern ist:
· Die Tierkinder werden aus den Transportern getrieben, dabei teils gestoßen. Dann werden sie zusammen mit fremden Kälbern in Wartebuchten gesperrt, anschließend grob zum Registrieren getrieben. Das Registrieren ist für die Tiere mit großem Stress verbunden, denn sie werden gewogen und erhalten zur Wiedererkennung eine weitere Ohrmarke, die schmerzhaft in ihre Ohren gestochen wird.
· Danach werden sie erneut in Buchten getrieben, in denen sie häufig so dicht gedrängt sind, dass sie sich nicht in Ruhe hinlegen können. Der ganze Ablauf ist eine Tortur für die Tierkinder, die eigentlich viel Ruhe und die Geborgenheit ihrer Mutter benötigen.
· In den Wartebuchten haben die jungen Tiere offenbar nicht einmal die Möglichkeit, zu trinken oder Nahrung aufzunehmen. Sie können die angebrachten Schalentränken mit Wasser nicht nutzen, da sie als Säuglinge noch das Euter der Mutter benötigen oder zumindest sogenannte Nuckeltränken brauchen, die dieses nachahmen.
· Die konstanten Rufe und Schreie der Kälbchen sind Ausdruck ihrer Angst in der völlig fremden Umgebung, kombiniert mit der rohen Behandlung durch die Menschen und dem massiven Stress, den Durst und Hunger auslösen. Die Tierkinder schreien unentwegt - doch niemand hilft ihnen. Stattdessen werden sie weiter in die Auktionshalle getrieben, wo sie wie Ware an die meistbietende Person verkauft werden.
· Die Kälbchen werden immer wieder getreten, an den empfindlichen Ohren gezogen und massiv getrieben, teils mit Schlägen. Um sie zum Weitergehen zu zwingen, wird ihr Schwanz schmerzhaft umgeknickt. Den beteiligten Menschen geht es einzig darum, Hunderte Kälber am Tag möglichst schnell von A nach B zu treiben - ungeachtet dessen, wie sehr die vier bis sechs Wochen alten Tierkinder darunter leiden.
Kein Einzelfall, sondern Tagesgeschäft
Die Misshandlung von Kälbern auf den Auktionen ist ein klarer Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Und es sind nicht die ersten Aufnahmen von Tierquälerei auf deutschen Kälberauktionen: Bereits 2018 veröffentlichte PETA Aufnahmen aus dem baden-württembergischen Herrenberg, die einen ähnlich brutalen Umgang mit den verängstigten Tierkindern zeigten.
Nach den Akutionen landen die vier bis sechs Wochen alten Kälbchen in Mast- oder Milchbetrieben. Die Tiere, die nicht versteigert wurden, werden in Mastbetriebe im Ausland verramscht. Dies bedeutet für die vier bis sechs Wochen alten Kälbchen qualvolle Langstreckentransporte, zum Teil bis nach Spanien. Laut EU-Verordnung sind Langstreckentransporte von bis zu 19 Stunden inklusive einer einstündigen Pause für »noch nicht entwöhnte Jungtiere« erlaubt. Doch die nicht auf Kälber ausgerichteten Tränksysteme in den Transportfahrzeugen können nach Einschätzung von PETA keine adäquate Versorgung mit Wasser beziehungsweise Flüssignahrung sicherstellen und sind somit gesetzwidrig.
Nach den stundenlangen Transporten quer durch Europa werden die Kälbchen aus deutschen Milchbetrieben in den Mastanlagen im Ausland unter meist qualvollen Haltungsbedingungen bis zur »Schlachtreife« gemästet.
Nach der Mast landen die Kälber noch einmal auf dem Tiertransporter: entweder werden sie in den Schlachthof gekarrt, oder sie werden in Drittländer weiterverkauft und transportiert - zum Teil bis in den Nahen Osten.
Wer Milchprodukte kauft, unterstützt also auch immer die Fleischindustrie sowie qualvolle Tiertransporte.
PETA fordert Kehrtwende zur pflanzlichen Landwirtschaftsform und Ausstiegsprämien
»Die Bayerische Staatsregierung täuscht die Menschen systematisch mit einer vermeintlichen Tierwohl-Idylle. Dabei zerstört die Milchindustrie unsere Umwelt, treibt die Biodiversitäts- und Klimakrise stark voran und ist verantwortlich für unermessliches Tierleid«, so die Agrarwissenschaftlerin Scarlett Treml, Fachreferentin bei PETA. »Damit muss endlich Schluss sein! Wir von PETA haben die Verantwortlichen wegen zahlreicher Verstöße gegen das Tierschutzgesetz angezeigt.« Von der Staatsregierung fordert die Tierrechtsorganisation eine Kehrtwende weg von diesen tierquälerischen Produktionsformen. Bayern müsse sich zu einer pflanzlichen Agrar- und Ernährungswende bekennen und Ausstiegsprämien freigeben.
Aus ernährungsphysiologischer Sicht benötigt der Mensch keine Kuhmilch. Ganz im Gegenteil: Kuhmilch kann unserer Gesundheit sogar schaden! Regelmäßiger Milchkonsum wird unter anderem mit einem erhöhten Risiko für Brustkrebs und Prostatakrebs in Verbindung gebracht.