Lebensraum schaffen für Wildbienen, Hummeln & Co.

Insektenhotels
bieten Insekten, die kaum noch artgerechte Lebensräume finden, eine Möglichkeit zur Brutaufzucht und Überwinterung. Nicht nur Hummeln, Wildbienen und verschiedene Wespenarten, auch Schmetterlinge, Marienkäfer, Blumenwanzen, Flor- und Schwebfliegen, Käfer, Ohrwürmer und Glühwürmchen nehmen ein solches Habitat gern an. · Bild aus: Werner Stingl: Insektenhotels für Balkon, Terrasse und Kleingarten · Hans-Nietsch-Verlag, 2018
Buchvorstellung von Julia Brunke
Forscher schlagen seit Jahren Alarm: Die Zahl der Insekten ist in den letzten Jahren um rund 80 (!) Prozent zurückgegangen. Dies gefährdet nicht nur die Obsterträge, sondern auch die Artenvielfalt, denn rund 80 Prozent aller Wildpflanzen werden durch Insekten bestäubt. Hinzu kommt: Der dramatische Rückgang der Insekten steht mit dem ebenso dramatischen Rückgang der Vögel in engem Zusammenhang - und dem Rückgang weiterer Insektenfressender Tiere wie Fledermäuse, Frösche, Kröten, Eidechsen und Igel. Auch wenn wir als Einzelne das dramatische Insektensterben nicht aufhalten können, so können wir doch ein Zeichen setzen und aktiv etwas für unsere Wildbienen, Hummeln, Schmetterlinge und andere Insekten tun: durch den Kauf von ungespritztem Obst und Gemüse aus ökologischem Landbau, durch die Schaffung von Oasen in unseren Gärten und das Aufstellen von Insektenhotels.
Als hauptverantwortlich für den dramatischen Insektenrückgang wird vor allem die immer intensivere Nutzung von Unkraut- und Insektengifte in der industriellen Landwirtschaft gemacht. Der zunehmende Einsatz hocheffektiver Insektizide dezimiert nicht nur die anvisierten Schädlinge, sondern bedroht auch Honigbienen und wildlebende Insekten, wie Wildbienen, Hummeln und Schmetterlinge. Neonicotinoide sind die weltweit meist eingesetzten Insektengifte. Sie können bereits in sehr kleinen Mengen Insekten töten oder ihr Nervensystem schädigen. Auch das weltweit am meisten verkaufte Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat beeinträchtigt das Orientierungsverhalten der Bienen.
Eine weitere Auswirkung des Glyphosateinsatzes in der Agrarlandschaft ist der Verlust von Wildblumen und Kräutern. Daraus folgt ein dramatischer Nahrungsmangel für alle Blüten besuchenden Insekten und Feldvögel. Die unzureichende Nektar- und Pollenversorgung ist eine weitere Gefahr für die Gesundheit der Bienen. Zwischen herbizidbesprühten, flur bereinigten Äckern ist zudem kaum noch Platz für Brachland, Hecken und Wiesen mit Wildblumen. Weil immer mehr halb morsche und marode Bäume in der Forstwirtschaft oder zur Verkehrssicherung gerodet werden, verlieren zahlreiche Insektenarten ihre Brutstätten.
Das Insektensterben gefährdet die Artenvielfalt: Rund 80 Prozent aller Wildpflanzen werden durch Insekten bestäubt. Viele Pflanzen sind zur Bestäubung auf ein ganz bestimmtes Insekt angewiesen und dieses braucht genau diese Pflanze als Futterpflanze. Mit dem Insekt verschwindet demnach auf lange Sicht auch die Pflanze und umgekehrt. Hinzu kommt: Rund 60 Prozent aller Vögel sowie Fledermäuse, Frösche, Kröten, Eidechsen, Salamander und andere Amphibien, Igel, Maulwürfe, Spitzmäuse sind auf Insekten als Nahrungsquelle angewiesen.
Lebensraum schaffen mit Insektenhotels
Mit dem Aufstellen von Insektenhotels kann jeder in seinem Garten und sogar auf dem Balkon Lebensraum für Insekten und Wildbienen schaffen - und damit auch unseren Vögeln und vielen weiteren Tieren helfen. Alles, was man dazu wissen muss, erklärt der Wissenschaftsjournalist und Hobbygärtner Walter Stingl in seinem neuen Buch Insektenhotels für Balkon, Terrasse und Kleingarten .
Kleine Insektenhotels können schon mit ganz einfachen Mitteln und ohne Kosten selbst gebaut werden. Wenn Sie Freude daran haben, können Sie natürlich auch - vielleicht in einem Projekt mit Kindern - ein etwas aufwändigeres großes Insektenhotel gestalten. Walter Stingl stellt in seinem Buch 10 verschiedene Insektenhotels mit bebilderten Schritt-für Schritt-Anleitungen vor: vom einfachen Mini-Ho(s)tel bis hin zum klassischen Insektenhotel im Baukastenstil.
Vorzug eines Insektenhotels ist, dass es keine Pflege braucht. Einmal installiert, kann es weitgehend sich selbst überlassen bleiben. Sie brauchen weder zu füttern noch auszumisten. Und wenn Sie in Urlaub fahren, muss niemand das Haus hüten , erklärt der Hobbygärtner.
Der richtige Zeitpunkt für ein neues Hotel
Der beste Zeitpunkt, ein neues Insektenhotel zu eröffnen beziehungsweise aufzustellen oder aufzuhängen ist das zeitige Frühjahr, also Anfang März oder - um ganz auf der sicheren Seite zu sein - bereits Ende Februar , erklärt Walter Stingl. Denn sobald die ersten wärmeren Sonnenstrahlen die in fast einjähriger Dunkelhaft erwachsen gewordenen Mauerbienen aus ihrer Kinderstube locken, geht der große Run - oder besser Anflug! - auf geeignete neue Nistgelegenheiten los.
Doch egal, wann wir ein Insektenhotel aufstellen: irgendwann im Laufe des Sommers wird es bezogen. Und spätestens im nächsten Frühjahr sollte Hochbetrieb herrschen.
Ein Tropfen auf den heißen Stein?
Insektenhotels allein werden die bedrohten Insekten nicht retten , schreibt Werner Stingl. Selbst dann nicht, wenn in jedem bundesdeutschen Haushalt eine solche Herberge auf Balkon, Terrasse oder im Kleingarten stehen würde. Denn unseren Insekten fehlt es nicht nur an geeignetem Wohnraum.
Bewegen kann man mit ihnen aber dennoch etwas, denn Insektenhotels und das um sie herum beobachtbare Treiben können Menschen, die sich bislang vielleicht wenig dafür interessiert haben, für Natur und Ökologie sensibilisieren.
Bei Gartenbesitzern bleibt es dann vielleicht nicht bei einem Insektenhotel, es darf dann doch irgendwo in einer versteckten Gartenecke ein Holzstoß vor sich hinmodern, man verzichtet auf Spritzmittel und statt englischem Rasen wird womöglich eine Wildblumenwiese bevorzugt. Und auch Balkone und Terrassen können Sie in wenigen Stunden in insektenfreundliche, blühende Oasen verwandeln. Wird all das von möglichst vielen Menschen umgesetzt, wäre schon eine Menge passiert.
Der halbierte Stamm
Das brauchen Sie:
einen Stamm oder dicken Ast mit glatter Rinde von 20 bis 30 Zentimetern Durchmesser
Grünholz- oder Astsäge
Akkuschrauber oder Bohrmaschine
Bohreraufsätze mit 2 bis 10 Millimetern Durchmesser
2 Schrauben oder Schraubösen
Schnur oder Blumendraht (Menge nach Bedarf)
So wird"s gemacht:
Sägen Sie von einem Stamm oder Ast mit glatter Rinde von 20 bis 30 Zentimetern Durchmesser ein ungefähr 30 Zentimeter langes Stück ab.
Wenn gerade im Wald oder Stadtpark Holzarbeiten im Gang sind, finden Sie hier nicht nur passende Holzstücke, darum gebeten hilft Ihnen sicher einer der Waldarbeiter oder Baumpfleger in Sekundenschnelle mit einer Motorsäge. Aber auch mit einer Grünholz- oder Astsäge geht das schneller, als Sie denken.
Der Länge nach gespalten, haben Sie bereits die Grundelemente für zwei attraktive Insektenbaumhäuser.
Bohren Sie mit dem Elektrobohrer von der Rindenseite her möglichst viele tiefe waagerechte Löcher in den Stamm. Diese sollten unterschiedlich groß sein und jeweils einen Durchmesser von 2 bis 10 Millimetern haben. Bohren Sie aber nicht so tief in das Holz, dass die Löcher die Rückseite durchstoßen. Brutröhren für Insekten müssen stets Sackgassen sein, die nur an einem Ende offen sind.
Befestigen Sie die Schrauben oder Schraubösen an den oberen Ecken, an denen Sie die Schnur oder den Blumendraht zum Aufhängen fixieren.
Jetzt müssen Sie nur noch einen Nagel in die Wand schlagen oder eine Schraube (mit Dübel) in der Wand befestigen und den Halbstamm daran hängen.
Aus: Werner Stingl: Insektenhotels für Balkon, Terrasse und Kleingarten Hans-Nietsch-Verlag, 2018
Das Blockhaus
Das brauchen Sie:
ein Stück Restholz, etwa 20 Zentimeter lang
Grünholz- oder Astsäge
Akkuschrauber oder Bohrmaschine
Bohreraufsätze mit 2 bis 10 Millimetern Durchmesser
2 Schrauben oder Schraubösen
Schnur oder Blumendraht (Menge nach Bedarf)
So wird"s gemacht:
Besorgen Sie sich für dieses Insektenhotel in der nächstgelegenen Zimmerei unbehandelte Holzreste. Ein 20 Zentimeter langes Stück von einem Dachbalken ist die perfekte Wahl für Ihr kleines Sechsbeiner-Blockhaus.
Bohren Sie mit dem Elektrobohrer an einer beliebigen Seite waagerechte Löcher mit unterschiedlichem Durchmesser in den Holzklotz. Diese sollten einen Durchmesser von 2 bis 10 Millimetern haben. Bohren Sie jedoch nur so tief in das Holz, dass die Löcher die Rückseite nicht durchstoßen.
Auch beim Blockhaus bleibt es ganz Ihnen überlassen, wie Sie die Anordnung der Bohrlöcher gestalten. Mit einem passenden Schriftzug haben Sie im Nu eine individuelle Unterkunft für Insekten kreiert.
Wenn Sie wollen, können Sie eine Dachschräge in den Holzblock sägen und das Dach mit Schilfhalmen decken. Sind diese dann so zugeschnitten, dass die Stängelknoten hinten und somit die Rückseiten geschlossen sind, kommen auch die Stängel als zusätzliche Niströhren für Ihre fliegenden Gäste infrage.
Aufhängen oder -stellen - z. B. auf die Blumenbank Ihres Balkons - und fertig ist die kleine Insektenresidenz.
Aus: Werner Stingl: Insektenhotels für Balkon, Terrasse und Kleingarten Hans-Nietsch-Verlag, 2018