Schüler für Tiere
Von Julia Brunke, Redaktion FREIHEIT FÜR TIERE
Kinder lieben Tiere. Sie bauen zu ihrem Hund, ihrer Katze, ihrem Kaninchen oder einem geliebten Pferd tiefe Freundschaften auf - und es ist für sie völlig klar, dass diesem Tier kein Leid zugefügt werden darf. Wenn ein Kind erlebt, dass der Opa oder ein Nachbar den Hasen, den es immer gestreichelt hat, schlachten will, wird es für das Leben des Tieres kämpfen - und wenn der Hase als Fleisch auf dem Teller liegt, sich weigern, davon zu essen. Gleichgültigkeit gegenüber dem Leid von Tieren lernen Kinder erst von Erwachsenen: dass es okay ist, Fleisch zu essen, weil es ja nur ein Tier ist - und dass es einen Unterschied zwischen den geliebten Haustieren und so genannten Nutztieren gibt. Es gibt aber auch anderes Tierleid: in Delfinarien und Zirkussen zum Beispiel. Dieses Tierleid ist für Kinder nicht offensichtlich. Sie sehen gerne eine Delfin-Show, weil sie Delfine lieben, von den schönen Tieren fasziniert sind, und sie freuen sich über Löwen im Zirkus oder im Zoo. Wenn wir ihnen aber erklären, dass Delfine und Löwen in Gefangenschaft leiden und krank werden und wie grausam Delfine oder Löwen eingefangen werden, verstehen sie, dass Wildtiere in die Freiheit gehören.
Immer mehr Lehrer machen es sich zur Aufgabe, Kinder und Jugendliche durch Tierschutzunterricht, Projekte und Arbeitsgemeinschaften für einen respektvollen Umgang mit Tieren zu sensibilisieren. Einige haben sich im Verein Schüler für Tiere zusammengeschlossen. »Kinder und Jugendliche verstehen es sehr schnell, dass Tiere kluge und leidensfähige Mitlebewesen sind, die, wie wir, Glück, Freude, aber auch Angst und Schmerz empfinden«, sagt Sabine Luppert, Lehrerin aus Kandel in Rheinland-Pfalz und Vorsitzende des Vereins Schüler für Tiere .
10 Jahre "Schüler für Tiere"
Im Januar 2009 gründete Sabine Luppert gemeinsam mit sechs weiteren Tierschützern den Verein Schüler für Tiere e.V., der als gemeinnützig anerkannt ist. Ihr Mann, Andreas Luppert, hilft bei der Verwaltung der inzwischen über 30 Projektgruppen in Grundschulen, Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien und Förderschulen sowie in Kindertagestätten: von Delmenhorst bis Oberammergau, von Recklinghausen bis Dresden. Außerdem gibt es 23 Gruppen in Rumänien sowie eine Gruppe in der Schweiz (in einer Einrichtung für geistig- und körperlich beeinträchtigte Jugendliche). Der Verein Schüler für Tiere hat rund 270 Mitglieder, Schülerinnen und Schüler und ihre Eltern, Lehrerinnen und Lehrer sowie weitere Unterstützer bzw. Fördermitglieder.
Viele der Kinder und Jugendlichen sind nicht nur in ihrer Arbeitsgemeinschaft in der Schule aktiv, sondern bringen sich auch in ihrer Freizeit, am Wochenende und sogar in den Ferien aktiv ein: »Das Motto "dazu gehören, mitreden und etwas verändern können" ist für sie ausschlaggebend«, erklärt Sabine Luppert. »Die Kinder und Jugendlichen sind in den Gruppen als gleichberechtigte Partner in Planung, Organisation und Durchführung mit einbezogen - auch das ist gelebter Respekt!«
Die Gruppenleiter engagieren über die Arbeitsgemeinschaften und den Tierschutzunterricht hinaus in der Aufklärungsarbeit über das Projekt und die vielfältigen Zielsetzungen: durch Info-Stände, Workshops und sonstige Aktionen wie Tombolas, Flohmärkte und Verkäufe von Kuchen oder selbstgebastelten Dingen (Vogelhäuser, Hundehalsbänder, Leinen, Tierspielzeug, Hundekekse u.v.m.), um mit den Erlösen Lebenshöfe und Tierheime unterstützen zu können.
Interessierten Lehrerinnen und Lehrern sowie natürlich Schülerinnen und Schülern werden Informationsmaterialien wie z. B. DVDs, Flyer und themenbezogene Ausarbeitungen kostenlos zur Verfügung gestellt.
»Schüler für Tiere« hat auch einen eigenen youtube-Kanal mit Videos von Aktionen oder Aufklärungsfilmen.
Gruppen von »Schüler für Tiere« besuchen gerettete
gerettete Tiere, zum Beispiel auf dem Lebenshof »Wilde Hilde« in Oldenrode in Niedersachsen (Bild oben) oder auf dem Gnadenhof »Animal Hope« in Illingen in Baden-Württemberg (Bild unten). Die Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen, Pferde, Esel, Hunde und viele weitere Tiere wurden aus schlechter Haltung und / oder vor dem sicheren Tod im Schlachthof gerettet. · Bilder: Schüler für Tiere e.V.
Ziel: Sensibilisierung für einen respektvollen Umgang mit Tieren und der Natur
Ziel von »Schüler für Tiere« e.V. ist die Sensibilisierung von Kindern und Jugendlichen für einen respektvollen Umgang mit Tieren und der Mitwelt. Das Projekt will durch die Vermittlung von Respekt und Mitgefühl gegenüber allen Lebewesen die Voraussetzungen für ein verständnisvolles Miteinander zwischen Mensch, Tier und Natur schaffen.
Dies beginnt mit der Aufklärung über die Zusammenhänge in natürlichen Lebensgemeinschaften, in die wir Menschen zwangsläufig und unwiderruflich eingebunden sind: Der Mensch kann ohne Natur nicht leben - die Natur ohne ihn sehr wohl!
Es gilt daher, Verständnis zu wecken für die Notwendigkeit, mit allen Lebewesen und der Natur mitfühlend umzugehen. Durch Tierschutzunterricht und in Arbeitsgemeinschaften wird dazu auch das nötige Wissen vermittelt, zum Beispiel, über welche außergewöhnlichen Fähigkeiten und Sinnesleistungen Tiere verfügen. Aus diesem Wissen erwächst die Erkenntnis und die Verpflichtung, Tiere respektvoll und ihrer Art entsprechend zu behandeln.
Und es werden Zusammenhänge aufgezeigt: So leiden für die Fleischproduktion nicht nur die Tiere, sondern auch die Menschen, die in Schlachtfabriken arbeiten. Hinzu kommt: Die Fleischproduktion zerstört unsere Lebensgrundlagen. Die Lunge der Erde, der Regenwald, wird für Futtermittel abgeholzt, unser Grundwasser und die Böden durch riesige Güllemengen verseucht, das Klima durch klimaschädliche Gase wie Methan, Lachgas und CO2 aufgeheizt. Die Massentierhaltung ist laut der UN-Welternährungsorganisation FAO der wichtigste Faktor der von Menschen verursachten Treibhausemissionen - noch vor dem Verkehr.
»Schüler für Tiere« Südpfalz
mit einer aufsehenerregenden Aktion in Landau: Die Jugendlichen verteilen kostenlos Häppchen mit angeblichem Hunde- und Katzenfleisch an Passanten, auf Schildern wir günstiges Hunde- und Katzenfleisch beworben. Mit der Aktion wollen sie zum Nachdenken anregen, warum wir die einen Tiere streicheln und die anderen Tiere essen... · Bild: Schüler für Tiere e.V.
Sich für Tiere und die Natur einsetzen
»All diese Zusammenhänge wollen wir durch unsere Arbeit vermitteln, damit Kinder zu bewussteren und nachhaltigeren Erwachsenen werden«, erklärt Sabine Luppert. »Die jungen Menschen sollen lernen, wie sich das eigene Verhalten auf ihre Umwelt und künftige Generationen auswirkt. Sie sollen die Folgen ihres Handelns bedenken lernen. Wir wollen sie aber auch stärken, für ihre Mitgeschöpfe und Mitwelt einzustehen und so zu mündigen Bürgern zu werden.«
Die Kinder und Jugendlichen lernen die vielfältigen Möglichkeiten kennen, sich für Tiere zu engagieren: zum Beispiel durch Infostände oder den youtube-Kanal von Schüler für Tiere -, durch Patenschaften für gerettete Tiere, durch Futterspenden für Lebenshöfe und Tierheime im In- und Ausland, das Basteln von Vogelfutterglocken oder Insektenhotels ...
"Schüler für Tiere" in Rumänien
»Schüler für Tiere« ist auch mit 23 Gruppen in Rumänien vertreten. Bislang gibt es hier fünf ehrenamtliche Tierschutzlehrerinnen und zwei hauptamtliche Pädagogen, die in ihren jeweiligen Schulen Tierschutzunterricht jede Woche eine Stunde Tierschutzunterricht in ihren Klassen 1 bis 4 abhalten.
»Die Arbeit in Rumänien ist besonders wichtig, da dort besonders die Kinder und Tiere stark benachteiligt sind«, sagt Sabine Luppert. »Ein wichtiger Bestandteil des Schulprojektes - in Kooperation mit der Tierhilfe Hoffnung e.V. - besteht neben der Wertevermittlung auch darin, dass ehrenamtliche Tierschutzlehrer und rumänische Pädagoginnen und Pädagogen ausgebildet und geschult werden.« Hierzu findet jährlich ein Workshop im Tierheim Smeura statt, bei dem angehende Tierschutzlehrer geschult und vorbereitet werden.
In Zusammenarbeit mit der Tierhilfe Hoffnung e.V. wurde Unterrichtsmaterial erarbeitet, welches - auf rumänisch übersetzt - kostenlos Schulen zur Verfügung gestellt wird. »Wir unterstützen außerdem die Schulen seit Jahren mit Schulmaterial«, erzählt Sabine Luppert. »Bisher haben wir mehr als 800 Schulranzen, gefüllt mit Schulmaterial, Lehrermaterialien, 20 PCs inklusive Druckern und vieles mehr nach Rumänien geschickt, außerdem Fahrräder, damit die Kinder ihren langen Schulweg leichter bewältigen können. Die Fahrräder sammeln wir durch Spenden, auf Flohmärkten oder auf dem Sperrmüll.«
Für die Projekte in Rumänien macht sich vor allem Ann-Catrin Schmidt stark, die neben ihrer Arbeitsgemeinschaft Schüler für Tiere , die sie einmal die Woche an der Geschwister-Scholl-Schule im hessischen Alsfeld anbietet, die Arbeitsgemeinschaften in Rumänien aufgebaut und rumänische Tierschutzlehrer ausbildet. Regelmäßig reist sie mit ihrem Mann Matthias ins größte Tierheim der Welt, der Smeura in Rumänien, übergibt Sach- und Futterspenden und hilft, Hunde aus dem Tierheim nach Deutschland zu vermitteln. Die Pädagogin hat das Konzept der Materialkiste Hund zusammengestellt, welche als Unterrichtsmaterial zum Einsatz kommt. Für ihren Einsatz wurde Ann-Catrin Schmidt 2018 mit dem Deutschen Tierschutzpreis ausgezeichnet.
Tier- und Umweltschutz fördert die Selbstkompetenz und die Sozialkompetenz
Das Engagement für Tier- und Umweltschutz fördert die Selbstkompetenz und die Sozialkompetenz der jungen Menschen. Dazu gehören Selbstwert- und Verantwortungsgefühl, Kritik- und Teamfähigkeit, Engagement, Mitgefühl, Achtung, Eigenverantwortung, Geduld sowie Interesse allem gegenüber, was lebt. Sie erkennen, wie sich das eigene Verhalten auf ihre Umwelt, ihre eigene Zukunft und für künftige Generationen auswirkt. Denn: Unsere Erde gibt es nur einmal - auch wenn wir mit ihr umgehen als hätten wir mehrere...
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